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Zeitliche und räumliche Variabilität von Reaktionsfronten in der Critical Zone (VaRea)

Land / Region: Deutschland / Region Hannover und Emsland

Projektanfang: 01.07.2018

Projektende: 30.06.2021

Projektstand: 31.07.2019

Das VaRea-Projekt leistet einen Beitrag zum besseren Verständnis und zum Erhalt der Filter-, Puffer- und Speicherkapazität der gesättigten und ungesättigten Zone („Critical Zone“). Mit der Untersuchung von Transportpfaden, Umsatzraten und Verweilzeiten agrarrelevanter Stoffe (speziell Nitrat) trägt es zum Schutz der natürlichen Ressourcen Boden und Grundwasser bei.

Hintergrund:

Unerwünschte Stoffeinträge aus dem Boden ins Grundwasser stellen eine Gefahr für die Trinkwasserversorgung dar. In Deutschland wird Trinkwasser zu fast 70% aus Grundwasser gewonnen (vgl. UBA 2018). Dafür wird Rohwasser aus bestimmten Grundwasserstockwerken entnommen und aufbereitet. Eine aktuelle Studie des Umweltbundesamtes kommt zu dem Schluss, dass der künftig zu erwartende Eintrag von Nährstoffen (hauptsächlich Nitrat) und Pflanzenschutzmitteln ins Rohwasser zu erheblichem Mehraufwand bei der Aufbereitung und zu damit verbundenen Kostensteigerungen führen wird.

Der Abbau und die Festlegung bzw. die Freisetzung von Stoffen in der ungesättigten und gesättigten Zone sind maßgeblich von den aktuell und lokal herrschenden pH- sowie Redoxbedingungen abhängig und damit auch von parallel ablaufenden Reaktionen. Es kommt zur Ausbildung sogenannter Reaktionsfronten, deren Verlagerungen für die Vorhersage von Stofftransporten und Stoffdurchbrüchen entscheidend sind. Beispiele sind die Säurepufferung durch Karbonate oder Aluminiumhydroxide, aber auch der Abbau von Nitrat durch autotrophe Denitrifikation mittels Eisensulfid. Dabei entsteht durch die Oxidation des Sulfids Sulfat, wodurch sich eine Nitrat/Sulfat-Reaktionsfront ausbildet. Diese ist seit langem bekannt (Strebel et al., 1993) und es wird allgemein erwartet, dass sich die Front aufgrund der stetigen Auflösung des Eisensulfids durch von oben eingetragenes Nitrat im Laufe der Zeit sowohl lateral als auch vertikal verlagert. In einigen Grundwassermessstellen des Fuhrberger Feldes (als bedeutendstem Einzugsgebiet zur Trinkwassergewinnung der Region Hannover) und des Bourtanger Moores (Emsland) ist die erwartete Verlagerung der Nitrat/Sulfat-Front zu beobachten, in anderen Messstellen bleibt sie bisher jedoch stabil. Eine Prognose zur Verlagerung kann zum heutigen Zeitpunkt nicht mit der gewünschten Sicherheit gegeben werden.

Ziel:

Das Verständnis dieser Prozesse und ihre bessere Prognosefähigkeit stellen somit wichtige Ziele zur Sicherung der Trinkwasserversorgung und zum allgemeinen Schutz des Bodens und des Grundwassers dar. Durch die Berücksichtigung und Beschreibung der Variabilitäten von Stoffgehalten und -flüssen sowie Umsatzprozessen soll ein besseres Systemverständnis erzeugt werden, um die Vorhersage der Verlagerung von Redoxfronten zu optimieren. Gegenüber der Annahme von homogenen Verhältnissen kann die räumlich heterogene Verteilung sowohl von Stoffumsätzen (z.B. in „Hot Spots“) und -depots als auch von Wasserflüssen zu deutlich abweichenden Verlagerungswegen durch den Boden in das Grundwasser führen. Zur räumlich expliziteren Vorhersage des Stoffeintrages ins Grundwasser und zum Transport im Grundwasser sind daher neue Methodenkombinationen notwendig, um die für die Stoffverlagerung relevante Heterogenität im Feld zu ermitteln und diese adäquat in der Modellierung zu berücksichtigen.

Arbeitsziele und Projektdurchführung:

Beruhend auf den bisherigen Beobachtungen zur Nitrat/Sulfat-Front im Fuhrberger Feld und im Bourtanger Moor wurde die Hypothese aufgestellt, dass die zeitliche und räumliche Variabilität des Eintrages von Nitrat in das Grundwasser und die Heterogenität des Eisensulfid-Vorkommens zu den unterschiedlichen Verlagerungsgeschwindigkeiten führt.

Um diese Hypothese überprüfen zu können, werden zunächst existierende Messdaten aus dem Fuhrberger Feld, wie z.B. ein Datensatz der 2013 in Zusammenarbeit mit dem Institut für Bodenkunde der Leibniz Universität Hannover erhoben wurden, mit aktuellen Messungen aus Multilevel-Messstellen verglichen. Auf Grundlage dieser und früherer Ergebnisse erfolgt, unterstützt durch die Projektpartner vor Ort (Landwirte, enercity AG, INGUS GmbH), die gezielte Auswahl landwirtschaftlicher Flächen zur weiteren Beprobung. Für diese werden sodann alle vorhandenen Daten ausgewertet und hinsichtlich ihrer räumlichen Variabilität analysiert, um ein erstes Modell des Untersuchungsgebietes mit relevanten Heterogenitäten zu erstellen. Wenn die vorhandenen Informationen über den Untergrund nicht ausreichen, sollen diese durch Kernbohrungen gezielt erweitert werden.

VaRea RammkernbohrungAbb. 2: Rammkernbohrung Quelle: BGR

Konkret sollen an den Kernbohrungspunkten und den Multilevel-Messstellen mit Hilfe von Tracerisotopen die Heterogenitäten der Nitratnachlieferung und des -verbrauches untersucht werden. Die Möglichkeiten der Regionalisierung von Bodenprozessen sollen ergänzend mittels Hyperspektralanalysen unter Einsatz drohnengestützter Fernerkundung erprobt werden. Zusammen mit flächenhaften Messungen elektromagnetischer Induktion (EMI) und der natürlichen Gammastrahlung wird erwartet die Informationen zum Nitratumsatz und dessen kleinräumige Variabilität auf das gesamte Untersuchungsgebiet zu übertragen zu können. Das Projekt dient auch zur Methodenentwicklung. So wird erkundet wieweit die heutige Technik der NMR-Verfahren direkt einen Beitrag zur Detektion der Reaktionsfronten liefern kann. Ansatzpunkt bietet hier der Einfluss von Fe(II)/Fe(III) auf die NMR-Abklingzeit.
Erweitert werden die Erkenntnisse durch die Untersuchungen im Bourtanger Moor im westlichen Emsland. Dort werden aktuell die Multilevel-Messstellen nach 20 Jahren erneut beprobt und hydrochemisch untersucht und die Ergebnisse mit den Altdaten und mit existierenden Modellprognosen verglichen. Auch hier sollen modellgestützte Aussagen über die Verlagerung von Versauerungs- und Denitrifikationsfronten getroffen werden. Zum Vergleich des Stoffdepotbestandes bzw. dessen Heterogenität dienen Daten von 1998 und 2018 abgeteuften Kernbohrungen. Auch hier wird das Projekt durch den Trink- und Abwasserverband „Bourtanger Moor“ unterstützt.



Literatur:

Strebel, O., J. Böttcher & W.H.M. Duijnisveld, 1993: Ermittlung von Stoffeinträgen und deren Verbleib im Grundwasserleiter eines norddeutschen Wassergewinnungsgebietes. Texte, 46/93, Umweltbundesamt, Berlin


Partner:

Landwirte vor Ort
enercity AG
Trink- und Abwasserverband „Bourtanger Moor“
Leibniz Universität Hannover (Institut für Bodenkunde)
INGUS Ingenieurdienst Umweltsteuerung GmbH


Kontakt 1:

    
Dr. Florian Stange
Tel.: +49-(0)511-643-3071

Kontakt 2:

    
Dr. Georg Houben
Tel.: +49-(0)511-643-2373

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