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Chemische Reaktionen organischen Materials unter erhöhter Temperatur und ionisierender Strahlung in unterschiedlichen Endlager-Wirtsgesteinen & Thermochemische Sulfatreduktion

Land / Region: Deutschland

Projektanfang: 24.10.2006

Projektende: 31.12.2022

Projektstand: 19.04.2022

English Version

Im Rahmen des Arbeitspaketes werden Untersuchungen zur Umwandlung organischen Materials unter Energiezufuhr durchgeführt. Diese Energie kann sowohl durch den thermischen Einfluss (Temperaturerhöhung) als auch durch die ionisierende Strahlung im Umfeld der Lagerung hoch-radioaktiver Abfallstoffe freigesetzt werden. Im Mittelpunkt der Labor-Untersuchungen steht natürliches organisches Material, das in möglichen Endlager-Wirtsgesteinen und in der Auflockerungszone im Grubengebäude vorkommen kann. Dabei werden vor allem Prozesse bzw. Reaktionen betrachtet, die bereits in Sicherheitsanalysen als FEP („features, events and processes“) definiert sind (vgl. z. B. Stark et al. 2016) oder diese direkt betreffen.

Schematische Darstellung ausgewählter Reaktionen organischen Materials und davon beeinflusster Prozesse im Wirtsgestein im Zusammenhang mit der Einwirkung von Temperatur und ionisierender StrahlungAbb. 1: Schematische Darstellung ausgewählter Reaktionen organischen Materials und davon beeinflusster Prozesse im Wirtsgestein im Zusammenhang mit der Einwirkung von Temperatur und ionisierender Strahlung. In der Wasserphase gelöste Gase sind mit dem Subscript (aq) gekennzeichnet Quelle: BGR

Organisches Material kann im Wirtsgestein in den Komponenten-FEPs „Wirtsgestein“, „Lösungen im Wirtsgestein“ und „Gase im Wirtsgestein“ auftreten. Das organische Material kann aus dem „Wirtsgestein“ über das Prozess-FEP „Chemische Alteration von Organika“ in wasserlösliche organische Verbindungen oder auch gelöste Gase wie CH4(aq), H2(aq) oder CO2(aq) in „Lösungen im Wirtsgestein“ umgewandelt werden (in Abb. 1 durch braune Pfeile dargestellt). Die so gebildeten gelösten Gase können über das Prozess-FEP „Lösen und Ausgasen“ in eine vorhandene – oder sich bei Übersättigung bildende – separate Gasphase „Gase im Wirtsgestein“ übertreten (in Abb. 1 durch gelbe Pfeile dargestellt). Die gelösten Gase können wie H2(aq) das Redoxmilieu (Eh) in den „Lösungen im Wirtsgestein“ oder wie CO2(aq) den pH-Wert der „Lösungen im Wirtsgestein“ beeinflussen (in Abb. 1 durch graue gestrichelte Pfeile dargestellt). Ebenfalls können sie Minerallösungs- und Mineralneubildungsvorgänge beeinflussen wie z. B. die Bildung von zusätzlichem Karbonat (vgl. Prozess-FEPs „Auflösung, Transformation und Neubildung von Tonmineralen“ bzw. „Auflösung, Transformation und Neubildung von sonstigen Mineralen“; in Abb. 1 durch schwarze Pfeile dargestellt). Neben der Bildung von Gasen aus organischem Material kann im Wirtsgestein auch durch radiolytische (FEP „Radiolyse“) Spaltung von Wasser Gas gebildet werden (blauer Pfeil in Abb. 1). Die wasserlöslichen organischen Verbindungen, aber auch die Oberflächen des im Wirtsgestein fest vorliegenden organischen Materials können mit gelösten Radionukliden über Komplexierungs- und Sorptionsprozesse wechselwirken (durch rote Pfeile in Abb. 1 dargestellt; FEPs „Komplexbildung“ bzw. „Sorption und Desorption“). Sorptionsprozesse können ebenfalls auf Mineraloberflächen auftreten. Mikroorganismen können wasserlösliche organische Verbindungen verwerten (in Abb. 1 durch grüne Pfeile dargestellt, FEP „Mikrobielle Prozesse“) unter CO2(aq)-Bildung, in etlichen Fällen auch unter der Nutzung von gelöstem H2(aq). Das Prozess-FEP „Radiolyse“ wirkt sowohl auf das organische Material als auch auf das Wasser (in Abb. 1 durch das angeregte Wassermolekül in blau dargestellt) und kann u. a. zur Bildung von Wasserstoff H2(aq) führen. Daneben werden noch Untersuchungen zum FEP „Thermochemische Sulfatreduktion“ durchgeführt.

Im Labor werden dazu in Experimenten in Hochdruck-Reaktoren (siehe Abb. 2) Bedingungen nachgestellt, die mindestens den In-situ-Druck- und Temperaturbedingungen im Untergrund entsprechen. Durch vergleichende Untersuchungen an verschiedenen potentiellen Wirtsgesteinen werden Kenngrößen erhoben, die in spätere Sicherheitsanalysen eingehen können. Momentan wird ein Experimentsystem entwickelt, das die parallele Ermittlung der Gasbildung aus mehreren Wirtsgesteinskernen unter erhöhten Temperatur- und Druckbedingungen ermöglicht. Dieses wird so einfach konzipiert und detailliert dokumentiert, dass es an verschiedenen Institutionen aufgebaut und während der zukünftigen obertägigen und untertägigen Erkundung im Verlauf der Standortsuche effektiv eingesetzt werden könnte.

Die Untersuchungen in den Laboren der BGR werden in enger Zusammenarbeit mit Projekten auch anderer Partner in untertägigen In-situ-Laboren wie z. B. in Mont Terri (Schweiz) durchgeführt, um die Übertragbarkeit der Erkenntnisse aus dem BGR-Labor zu prüfen – und die Interpretation von Experimenten in den In-situ-Laboren zu unterstützen.



Literatur:

Stark, L., Jahn, S., Jobmann, M., Lommerzheim, A., Meleshyn, A., Mrugalla, S., Reinhold, K. & Rübel, A. (2016): FEP Katalog für das Endlagerstandortmodell SÜD - Dokumentation. Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR), DBE Technology GmbH, Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit (GRS) mbH, Anlage zum Bericht, TEC-16-2016-TB, Projekt ANSICHT – Methodik und Anwendungsbezug eines Sicherheits- und Nachweiskonzeptes für ein HAW-Endlager im Tonstein; Peine.

Kontakt:

    
Dr. Christian Ostertag-Henning
Tel.: +49-(0)511-643-2884
Fax: +49-(0)511-643-3664

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