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Analyse der Risiko-Exposition von bedrohten Elementen gegenüber Naturgefahren in Kooperationsländern der Technischen Zusammenarbeit: Fallbeispiel Zentralamerika (2009/2010)

Zentralamerika ist in besonderer Weise Naturgefahren ausgesetzt und in entsprechender Regelmäßigkeit wird die Region von Naturkatastrophen heimgesucht, die durch Erdbeben, Vulkanausbrüche aber auch durch die jährlich wiederkehrenden Überschwemmungen und Hangrutschungen im Verlauf der Hurrikan-Saison ausgelöst werden. Neben den direkten Folgen für Leib und Leben der Bewohner haben diese Naturereignisse enorme negative Auswirkungen auf die regionale wirtschaftliche Entwicklung und die damit verbundene Armutsbekämpfung.

Im Rahmen des regionalen Kooperationsprojektes ‚Verminderung von Georisiken in Zentralamerika‘ (2002-2010) unterstützte die BGR die mandatierten staatlichen Behörden der vier Projektländer El Salvador, Guatemala, Honduras und Nicaragua bei der Erfassung, Bewertung und Beobachtung von geogenen Bedrohungen und deren Umsetzung in Risiko-Expositionsanalysen. Das Projekt förderte die soziale und politische Bewusstseinsbildung hinsichtlich des Katastrophenrisikos und zielte auf die Integration der Georisiko-Betrachtungen in die regionale Raum- und Entwicklungsplanung und die Katastrophen­vorsorge ab.

Der regionale Ansatz trug der Tatsache Rechnung, dass die Naturkatastrophen in der zentralamerikanischen Region oft keine isolierten lokalen oder nationalen Ereignisse sind, vielmehr stellen Erdbeben, vulkanischer Aschefall oder Hurrikane oft regionale, grenzübergreifende Bedrohungen dar, die somit auch transnationale Planungs­instrumente und Mitigations­­strategien erfordern. Durch den Beratungsansatz auf unterschiedlichen Ebenen (lokal bis regional) wurden dabei wichtige Beiträge zu einem integrierten Naturkatastrophen-Risiko-Manage­ment in den vier Partnerländen geleistet.

In diesem Zusammenhang hat das Projekt erstmals flächendeckend nationale und transnationale Analysen der Georisiko-Exposition in den vier Projektländern durchgeführt, die auf der Basis einer einheitlichen Methodik und vergleichbaren harmonisierten Datensätzen gründet.

Das Hauptaugenmerk lag dabei auf der Entwicklung einer praktikablen und reproduzierbaren Standardmethodik, die mittels regional verfügbarer Grundlagendaten die Erarbeitung von vergleich­baren Georisiko-Informationen zur Anwendung in der regionalen Raumplanung und zur Katastrophenprävention ermöglicht. Durch die ausschließliche Nutzung wissenschaftlich fundierter, offizieller Datensätze und die Festlegung auf vergleichbare administrative Einheiten (Munizipien) wurde die regionale Vergleichbarkeit der Analyse-Ergebnisse gewährleistet.

Hierzu wurde eine spezielle Anwendung, das ‚Central American Risk Analysis-GIS (CARA-GIS)‘ entwickelt. CARA-GIS ermöglicht die Analyse, Kartierung und Visualisierung der Risiko-Exposition für die vier Bedrohung­en Erdbeben, Vulkaneruptionen (Aschefall), Hangrutschungen (Abb. 1) und Über­schwemmungen im nationalen und transnationalen Maßstab. Als Indikatoren der Vulnerabilität wurden die Bevölkerungsexposition, die Exposition des Straßennetzes, die kritische Infrastruktur (Brücken, Schulen, Hospitäler) sowie das bedrohte ökonomische Potential betrachtet.

Durch die offene Architektur der GIS-Anwendung können weitere Naturgefahren integriert werden und der Auswertemaßstab ist einzig durch die Qualität und Auflösung der Eingabedaten limitiert.

Gemäß der bekannten Korrelation Risiko = Gefahr x Vulnerabilität  wurde die flächenhafte Verbreitung der jeweiligen Gefährdungszonen und der betrachteten bedrohten Elemente in eine räumliche Beziehung gesetzt und die entsprechende Risiko-Exposition szenarienbasiert bestimmt.

Neben der Betrachtung einzelner Gefahren ermöglicht das System auch die Analyse von Multi-Gefahren, also Eintrittsszenarien möglicher, gleichzeitig auftretender Bedrohungen, wie zum Beispiel das Auftreten von Überschwemmungen und Hangrutschungen im Zusammenhang mit Starkniederschlägen. Erst durch diesen Raumbezug zwischen Bedrohung und Vulnerabilität und die Betrachtung von Multi-Risikoanalysen steht ein wichtiges Instrument für die vorbeugende Raumplanung und die Verringerung des raumbezogenen Risikos zur Verfügung.

Mit der Entwicklung von CARA-GIS wurde ein regionaler Standard zur Analyse der Georisiko-Exposition geschaffen, der über die Grenzen der vier Partnerländer hinaus auch in den angrenzenden Ländern Mittelamerikas anwendbar ist. Grundvoraussetzung dafür war die Definition nutzbarer und länderübergreifend verfügbarer Methoden zur Gefährdungsanalyse und eine GIS-gestützte Aufarbeitung der verfügbaren Datensätze samt zugehöriger Metadaten. Nunmehr steht ein qualifizierter Datensatz der vorhandenen Basis-, Gefährdungs- und Vulnerabilitätsinformationen für jedes Land zur Verfügung, der aufgrund eines festgelegten zugrunde liegenden Codesystems direkt vergleichbar ist, aber den jeweiligen Entwicklungen/Prioritäten der Länder folgend auch separat aktualisiert und erweitert werden kann.

Als Resultate der initialen Entwicklungsphase der CARA-GIS Anwendung liegen alleine für Nicaragua 27 thematische Karten und zugehörige Statistiken vor, die sich inhaltlich in Grundlagendaten (Administrative Grenzen, Landnutzung, Infrastruktur, Gefährdung, Suszeptibilität), Vulnerabilitäts- und Kapazitätsbetrachtungen sowie die eigentlichen Risiko-Expositionskartierungen gliedern lassen.

Im gleichen Verfahren wurden die Georisiko-Analysen auf die angrenzenden Länder der Projektregion ausgeweitet. Hierzu wurden 35 regionale Kartenprodukte erzeugt, die aber nur eine exemplarische Auswahl von möglichen bedarfsorientierten Kartenprodukten darstellen (Szenarien).

Besonders wertvoll sind hierbei die Analysen des möglichen Schadenspotentials durch Eintritt von schädlichen Naturereignissen, die aus den Landnutzungsdaten und Statistiken zur Wirtschaftsleistung (Economic Commission for Latin America and the Caribbean, ECLAC bzw. CEPAL) verschiedener Produktionszweige (Landwirtschaft, Handel, produzierendes Gewerbe, etc.) abgeleitet wurden. Sie ermöglichen Projektstudien im Vorfeld von Investitionsvorhaben und sind auch für die Versicherungswirtschaft von Interesse.

Die Kartierung der Risiko-Exposition auf der Munizipal-Ebene in Form von Choroplethenkarten (auch Flächenkartogramm genannt; Abb. 2) erlaubt einen flächendeckenden nationalen und internationalen (grenzüberschreitenden) Vergleich der betrachteten administrativen Einheiten. Diese Art der Darstellung ermöglicht einen raschen Überblick über die gegebene Situation, hebt aufgrund der Farbgebung die ‚hot spots‘ hervor, die einer intensiveren Untersuchung bedürfen und unterstützt somit auch die faire und transparente Ressourcen-Zuweisung für risiko-mindernde Maßnahmen in hochvulnerablen Zonen.

Die CARA-GIS Anwendung mitsamt den erarbeiteten Produkten wurden den Partnern über­geben und Counterpart-Personal bestehend aus GIS-Experten und Landesplanern wurde an dem System geschult. Die Karten und Statistiken stehen somit den verschiedenen wissen­schaftlich-technischen Fachbehörden und den Raumplanungs- und Katastrophen­schutz­behörden zur Verfügung.

  • Außerdem wurden die Methodik und die Ergebnisse der Risiko­-Expo­si­tions­analysen sowie deren Anwendung im Kontext Naturkatastrophen-Management in einem Buch zusammengefasst, das in englischer und spanischer Sprache (Auflage 750 Stück) erschienen ist (mehr). Das Buch ist hier auch online verfügbar.

Kontakt

    
Dr. Dirk Kuhn
Tel.: +49-(0)511-643-2691
Fax: +49 (0)511-643-532691

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