BGR Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe

Röntgenfluoreszenzmikroskopie (µ-EDRFA, µXRF)

Die BGR verfügt über drei energiedispersive Röntgenfluoreszenzmikroskope vom Typ M4 Tornado, M4 Tornado Plus von Bruker Nano und AttoMap von Sigray (Abb. 1). µRFA wird hauptsächlich eingesetzt, weil sie schnell und zerstörungsfrei qualitative und semi-quantitative geochemische und mineralogische Daten in 2D liefert. Die Probenvorbereitung ist einfach, da nur eine ebene Probenoberfläche nötig ist. Dadurch können eine Vielzahl an Probentypen wie Bohrkerne, Handstücke, Gesteinsbruchstücke, Sedimente, Lackprofile, etc. analysiert werden. Die Methode eignet sich besonders gut, um eine schnelle Übersicht über eine größere Probenmenge und -größe zu gewinnen und geeignete Positionen für weitere Detail-Analytik auszuwählen.
µ-RFA verwendet einen fokussierten Röntgenstrahl, um die Oberfläche einer Probe mit mikrometergenauer Auflösung zu scannen und die resultierenden Fluoreszenzsignale aufzuzeichnen. Für jeden Pixel wird ein energiedispersives Spektrum mit Intensitäten aller messbaren Elemente aufgezeichnet, welche als Elementverteilungskarten dargestellt werden können. Darin können Bereiche ausgewählt werden, um eine semi-quantitative chemische Quantifizierung dieser Bereiche durchzuführen.

Abbildung 1: µ-RFA Tornado Plus mit Blick in den Probenraum (links) und Sigray Attomap (rechts)Abbildung 1: µ-RFA Tornado Plus mit Blick in den Probenraum (links) und Sigray Attomap (rechts) Quelle: BGR

Technik der µRFA

Die Bruker-Geräte nutzen eine Rh-Röhre, die mit bis zu 50 kV und 600 µA betrieben werden können. Alternativ kann ein auch eine Cr- Röhre eingesetzt werden. Durch eine Polykapillare wird die polychromatische Röntgenstrahlung auf etwa 20 µm fokussiert (Nikonow & Rammlmair, 2016). Die resultierende Fluoreszenz wird von zwei sich gegenüberstehenden Detektoren (Siliziumdriftdetektor, SDD) gemessen. Zwei Detektoren sind notwendig, um Diffraktionssignale, die im Spektrum echte Elementpeaks überlappen, zu entfernen (Nikonow & Rammlmair, 2016). Die Probenkammer kann Proben von bis 16 cm x 20 cm aufnehmen und kann auf 2 mbar evakuiert werden, sodass niedrigenergetische Signale auch ab dem Element Natrium, für den Tornado Plus ab Kohlenstoff erfasst werden können. Die Probenvorbereitung beschränkt sich auf die Erstellung einer planen, sägerauhen Oberfläche. Die Messbedingungen wie Schrittweite und Messzeit pro Messpunkt sind ab 4 µm bzw. 0,01 msek frei wählbar. Es können Punktmessungen, Punktraster, Profile bzw. Flächenmessungen durchgeführt werden. Durch ein Skript können bis zu 24 Einzelproben in Serie automatisiert gemessen und separat abgespeichert werden. Die Messzeit variiert je nach Probengröße und Messbedingungen und kann für Flächenmessungen 30 Minuten bis wenige Stunden betragen.

Die Fluoreszenzspektren werden für Punktmessungen einzeln und für Flächenmessungen in einem Datensatz gespeichert, aus dem nach der Messung die entsprechenden Informationen z.B. Elementverteilungsbilder für einzelne oder mehrere Elemente in Graustufen oder als Falschfarbenbilder dargestellt und extrahiert werden können (Abb. 2b). Die chemische Quantifizierung der Spektren erfolgt entweder über eine Kalibration mittels Proben bekannter chemischer Zusammensetzung oder standardlos mittels fundamentaler Parameter. Aus der Messung können einzelne Bereiche ausgewählt und separat chemisch quantifiziert werden.

Datenauswertung

Die ortsauflösende µRFA befasst sich mit der Visualisierung chemischer, mineralogischer und textureller Information anhand von identifizierten elementspezifischen Signalen von C bis U. Es können von der Gesamtprobe charakteristische Bereiche wie Lagen oder auch Einzelphasen ausgewählt und chemische Analysen aus den Mittelwertspektren berechnet werden. Dies ist eine Möglichkeit, um für Probenbereiche, die nur unter großem präparativen Aufwand für eine pauschalchemische Analytik extrahiert werden könnten, einfach und für eine bzw. viele Lagen eine chemische Charakterisierung vorzunehmen.

Ausschnitt eines Quarz-Dünnschliffs unter gekreuzten Polarisatoren (a) und Auswertung der Diffraktion aus der µRFA (b)Abbildung 3: Ausschnitt eines Quarz-Dünnschliffs unter gekreuzten Polarisatoren (a) und Auswertung der Diffraktion aus der µRFA (b). Die µRFA zeigt im Quarz ein Siliziumsignal und je nach Orientierung der Quarzkörner eine Reihe an Diffraktionspeaks, die genutzt werden können, um einzelne Körner zu trennen. Das Diagramm c) zeigt dazu, dass die Korngrößenverteilung (in 2D) aus dem Dünnschliff mit der Korngrößenverteilung aus den µRFA-Daten korreliert Quelle: BGR

Durch den mikroskopischen Abgleich ausgewählter Bereiche lassen sich chemische Charakteristika (spektraler Fingerabdruck) individuellen Mineralphasen zuordnen (ähnlich MLA). Diese Information wird in einem weiteren Schritt für den Aufbau einer Mineraldatenbank genutzt, um über hyperspektrale Auswerteverfahren einzelne Phasen zu identifizieren. Es können Mineralverteilungsbilder erstellt werden, die quantitativ nach texturellen Gesichtspunkten für individuelle Mineralphasen ausgewertet werden können (Abb. 2c). Polymorphe wie Calcit und Aragonit können durch µRFA alleine nicht unterschieden werden. Durch die Identifikation und Extraktion diffraktionsbedingter Signale im Spektrum (Beugungspeaks) und die Kombination der beiden Detektoren lassen sich monomineralische Bereiche in Einzelkörner zerlegen (Abb. 3; Nikonow & Rammlmair, 2016).

Die hauseigene Software „Petrographic Analyst“ beinhaltet die Möglichkeit der Teilautomatisierung einzelner Auswerteschritte bis hin zur graphischen Darstellung der Mineralverteilung (Abb. 2c), der Gesteinszuordnung und der Korngrößenverteilung ausgewählter Mineralphasen (Nikonow & Rammlmair, 2017). Die Software basiert auf der Programmiersprache IDL und ist nicht auf µRFA-Daten beschränkt, sondern kann auch Bildinformationen aus anderen Quellen verarbeiten. So können Daten aus verschiedenen Methoden wie Hyperspectral Imaging (HSI) oder Laser induzierte Plasma Spektroskopie (LIPS, LIBS) kombiniert und gemeinsam verarbeitet und ausgewertet werden (Nikonow et al., 2019).

Abbildung 4: Elementverteilungsbilder aus µRFA (links, Si weiß, Fe grün und K blau) und LIBS (Mitte, Li rot, Fe grün und K blau) sowie Klassifizierung (rechts) aus einer SyenogranitAbbildung 3: Elementverteilungsbilder aus µRFA (links, Si weiß, Fe grün und K blau) und LIBS (Mitte, Li rot, Fe grün und K blau) sowie Klassifizierung (rechts) aus einer Syenogranit. Während μRFA nur Plagioklas identifizieren kann, kann LIBS leichte Elemente wie Lithium messen und zwischen Li-reichem und Li-armem Plagioklas und Biotit unterscheiden. Einige der Plagioklase oben rechts weisen Li-reiche Kerne auf, während die Plagioklase im unteren Teil neben Aluminium und Silicium nur Natrium und etwas Calcium enthalten. Quelle: Nikonow et al. 2019

Schlagwörter
µ-RFA, µXRF, automatische Mineralogie, hyperspektrale Datenauswertung, Bruker M4 Tornado, Sigray Attomap

Literatur

Nikonow, W., Rammlmair, D., 2016. Risk and benefit of diffraction in Energy Dispersive X-ray fluorescence mapping. Spectrochimica Acta Part B: Atomic Spectroscopy 125, 120-126. https://doi.org/10.1016/j.sab.2016.09.018
Nikonow, W., Rammlmair, D., 2017. Automated mineralogy based on micro-energy-dispersive X-ray fluorescence microscopy (µ-EDXRF) applied to plutonic rock thin sections in comparison to a mineral liberation analyzer. Geosci. Instrum. Method. Data Syst. 6, 429-437. https://doi.org/10.5194/gi-6-429-2017
Nikonow, W., Rammlmair, D., Meima, J.A., Schodlok, M.C., 2019. Advanced mineral characterization and petrographic analysis by μ-EDXRF, LIBS, HSI and hyperspectral data merging. Mineralogy and Petrology 113, 417-431. https://doi.org/10.1007/s00710-019-00657-z

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