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MiningImpact-Logbuch

Diese Seite bietet Informationen, Fotos und Videos zur 42-tägigen Expedition mit dem norwegischen Schiff "ISLAND PRIDE" in den Zentralpazifik im Rahmen des europäischen JPI Oceans-Verbundprojektes „MiningImpact“ unter Leitung der BGR.

MiningImpact-Fahrt-Tagebuch, 15.05.2021

Blog #19: Raumschiff "ISLAND PRIDE"

„Der Ozean - unendliche Weiten... Wir schreiben das Jahr 2021. Dies sind die Abenteuer des Spezialschiffs „Island Pride“, das mit seiner 66 Mann starken Besatzung fast 6 Wochen lang unterwegs ist, um neue Welten zu erforschen, neues Leben und neue Rohstoffquellen. Viele Seemeilen von der Küste entfernt, dringt die Expedition in Regionen vor, die nie ein Mensch zuvor gesehen hat.“
(in Anlehnung an Raumschiff Enterprise)

Raumschiff "ISLAND PRIDE"

Auweia!

Auf was haben wir uns da nur eingelassen.

Die Expedition MANGAN 2021! Hört sich ziemlich cool an. Aber fast 6 Wochen auf See? Und dann noch 12 Nächte Hotelquarantäne in San Diego? So eine lange Dienstreise ist für uns normalerweise nicht üblich, und es hat in unserem Sender auch schon viel Überzeugungskraft gekostet, dass wir mit an Bord gehen dürfen. Gerade jetzt in den Zeiten, da die Welt sich eigentlich andere Sorgen macht.

Aber ich wollte unbedingt. Thomas habe ich auch gerne von dem Vorhaben überzeugen können. Ist ja schließlich ein spannendes Thema. Eines, das ich schon länger auf meinem Zettel habe.

Tiefseebergbau, Manganknollenabbau, Visionen am Meeresgrund. Die Industrie, die eine riesige Chance sieht, mit den Metallen der Tiefsee die Energieversorgung der Zukunft sicher zu stellen. Gerade jetzt, da jeder von der Elektrifizierung der Autos spricht. Ein komplexes Thema. Eines, das auch mit vielleicht erheblichen Umweltauswirkungen daherkommt. So einfach ist das nicht mit dem Abbau da unten. Einen Impact wird es auf jeden Fall geben, soviel ist jetzt schon klar. Den wollen die Wissenschaftler, die wir nun begleiten dürfen, untersuchen. Tolle Chance für uns! Gerade jetzt, da die Dekade der Ozeane angebrochen ist. Passt!

Also sind wir hineingetaucht in eine uns völlig unbekannte Welt. Plötzlich reden alle um uns rum von Box Corern, amphipod traps, MUC, Plume, CTD, Kranzwasserschöpfern, usw. Häää??? Fachjargon, mit dem wir uns erst vertraut machen müssen.

Wir lassen uns gerne darauf ein, zumal wir umgeben sind von wirklich netten, kompetenten Wissenschaftlern und der Crew, die uns immer unterstützt.

Fast sechs Wochen auf der „ISLAND PRIDE“. Zwei Mann in einer Kabine. Uff!

Es dröhnt und vibriert. Schaukeln tut es sowieso. Die Querstrahlruder halten das Schiff computergesteuert genau auf der vorgegebenen Position im `Clarion Clipperton Field´, irgendwo da draußen in der Unendlichkeit des Pazifiks. Thomas und ich liegen in unseren engen Kojen, wollen ein wenig schlafen – es gelingt nicht so recht. Es ist wieder einmal spät geworden. Probleme mit der Seilwinde haben zu großen Verzögerungen geführt. So manche Messinstrumente konnten nicht im Zeitplan in die Tiefen gelassen werden. Immer wieder Verspätungen, ständig werden Pläne umgeworfen. Der arme Matthias! :( Ständig sind seine akribisch ausgetüftelten Arbeitspläne obsolet. Und wir immer in Habt-acht-Stellung, jeden Moment könnten wichtige Abläufe an Bord stattfinden, die wir unbedingt mit der Kamera einfangen wollen.

Ja nichts verpassen, dieser Gedanke hämmert immer im Hinterkopf. Ist ja schließlich eine ziemlich einmalige Expedition, deren Ergebnisse möglicherweise maßgebende Entscheidungen mit sich bringen, wie die Weltgemeinschaft weiter mit den verbleibenden Ressourcen dieses Planeten umgeht – und was das dann für Auswirkungen auf die Natur mit sich bringen wird.

Wir haben viel vor in diesen Wochen, es gibt einiges zu drehen für unsere Reportage.

Die Laborarbeit, das Vorbereiten der Messgeräte, das Rauslassen der Instrumente, Interviews, jeder Tag bringt uns etwas Neues. Und Ergebnisse, die interpretiert werden wollen.

In der Nacht wollen die Biologen mit einem der Roboter am Tiefseegrund auf die Suche nach Tieren gehen. Eine Stunde Zeit haben sie dafür bekommen. Auch das wollen wir natürlich mit der Kamera im Kontrollraum begleiten. Vielleicht zeigt sich ja sogar ein Wesen, das noch nie jemand zuvor gesehen hat.

Wir werden versuchen bis dahin noch ein, zwei Stündchen zu schlafen. In unserer Doppelkabine mit ca 9 Quadratmetern und Stockbett. Thomas oben, ich unten. Wir kommen gut miteinander aus, müssen aber auch schauen, dass wir Ordnung halten mit den Klamotten und dem Arbeitsgerät. Ist nicht immer einfach in dem beengten Raum, der auch immer in Bewegung ist.

Eine interessante Erfahrung und wir bringen reiche Ausbeute mit.

Ein bisschen muss noch nachgedreht werden, wenn dann in der Heimat weitere Ergebnisse und Bewertungen der Forschungsarbeit von hier, aus dem Pazifik vorliegen. Freu mich schon auf den Schnitt, wenngleich ich jetzt schon weiß, dass es nicht einfach wird, mit dem vielen Material.

Dem Thema und den interessanten Protagonisten und ihrer Arbeit gerecht zu werden, das wird eine Herausforderung!

Vielen Dank an die BGR, an Annemiek, Carsten und Matthias, dass Ihr Euch auf uns eingelassen und mitgenommen habt. Danke an alle Beteiligten für die spannenden Drehmöglichkeiten und alle Unterstützung. Das war prima!

Schiff Ahoi!

Michael Stocks/ SWR

MiningImpact-Fahrt-Tagebuch, 15.05.2021

Blog #18: Skizzenhafte Beobachtungen des Kameramanns

Ich verstehe erst mal nichts von dem, was ich drehe. Aber ich sehe, dass die Wissenschaftler scheinbar gut aufeinander eingespielt arbeiten. Kommen an Stahlseilen verankert die Proben aus mehreren tausend Metern Meerestiefe an Deck, muss alles ganz schnell gehen, um sie sofort in den Kühlcontainer zu bringen. Auf dem Meeresgrund herrschen circa 1,4°C Wassertemperatur in diesem Teil der Tiefsee. Bei der Probenentnahme packt deshalb jeder zu, denn es geht um die Minimierung der Zeit, in welcher sich die Proben zu schnell wegen der tropischen Hitze erwärmen könnten und die Analyse derselben verfälscht sein würde.

Diese gemeinschaftliche Vorgehensweise der Probenentnahme von Wasser und Sedimenten aus der Tiefsee ist auch exemplarisch für andere Vorgänge, wie das Emporholen von Manganknollen.

Einem Orchester ähnlich, hat jeder Wissenschaftler oder Techniker seine Aufgabe, aber muss auch in der Lage sein, auf einem anderen Instrument zu spielen und sich bei anderen Probenbeschaffungen einzubringen. Die große Bühne an Bord ist das Schiffsdeck mit den Holzplanken und all seinen Kränen. Hier spielt sich das Hauptgeschehen ab.

Mit der Zeit nährt sich auch der persönliche Durchblick, denn es geht zuerst oft um das Gleiche: Proben vom Tiefseegrund aufs Schiff bringen, schnell im Kühlcontainer weiterverarbeiten und alle nur möglichen Analysen möglichst noch auf dem Schiff bewerkstelligen. Dann sind die ersten wichtigen Schritte unternommen, bevor im Lauf der nächsten Monate und Jahre weitere Untersuchungen folgen können.

Es ist auch nach fünf Wochen schön zu sehen, wie diese große Gruppe an Schiffsmannschaft, Wissenschaftlern und Technikern sich fachlich und menschlich aufeinander einlässt. Der tägliche Umgang ist von Toleranz, Respekt und Wertschätzung geprägt. Das ist bestimmt keine Selbstverständlichkeit. Von einigen aus der Gruppe der Wissenschaftler und Techniker erfahre ich, dass sie öfters bei ähnlichen Expeditionen mit dabei sind. Ich kann es gut verstehen.

Thomas Aigner/ SWR

Journalist Michael Stocks und Kameramann Thomas Aigner mit ihrer Ausrüstung vor der ISLAND PRIDE im Hafen von San DiegoJournalist Michael Stocks und Kameramann Thomas Aigner mit ihrer Ausrüstung vor der ISLAND PRIDE im Hafen von San Diego Quelle: Nils Maschmann


Eines der häufigen Interviews an BordEines der häufigen Interviews an Bord Quelle: Nils Maschmann


Drehen im ROV-KontrollraumDrehen im ROV-Kontrollraum Quelle: Michael Stocks


Das Team: Journalist Michael Stocks und Kameramann Thomas AignerDas Team: Journalist Michael Stocks und Kameramann Thomas Aigner Quelle: Nils Maschmann


MiningImpact-Fahrt-Tagebuch, 14.05.2021

Blog #17: Nichts geht ohne Logistik

Eines der vielen kleinen Zahnräder, ohne die keine Expedition gelingt, ist die Logistik. Sie sorgt dafür, dass Geräte, Chemikalien, Verbrauchsmaterialien und alle anderen benötigten Teile an Bord sind, wenn es losgeht. Denn mitten auf dem Ozean ist der nächste Baumarkt weit entfernt.

Karte der Clarion-Clipperton-Zone im tropischen Ostpazifik mit den Lizenzgebieten von BGR (rot) und GSR (gelb) sowie unserem Starthafen San DiegoKarte der Clarion-Clipperton-Zone im tropischen Ostpazifik mit den Lizenzgebieten von BGR (rot) und GSR (gelb) sowie unserem Starthafen San Diego. Andere Lizenzgebiete sind hellgelb und die von den Lizenznehmern an die Internationale Meeresbodenbehörde zurückgegebenen Explorationsgebiete in blaugrau dargestellt. Geschützte Gebiete, in denen kein Abbau stattfinden darf, sind grün markiert Quelle: BGR



Die Logistik beginnt schon viele Monate vor Fahrtbeginn. Und spätestens hier zeigt sich, dass eine Expedition Teamarbeit ist. Es gilt viele wichtige Punkte zu beachten und zu erledigen. Einige Fragen, die man sich bei der Planung stellen muss, sind:

  • Was wird in welche Mengen benötigt?
  • Was muss noch gekauft werden und wie sind die Lieferfristen?
  • Wo wird das Material solange gelagert?
  • Welche Zollbestimmungen sind zu beachten?
  • Sind auch wirklich nur die Sachen dabei, die auf der Frachtliste für den Zoll stehen?
  • Kommt zu der Containerfracht per Schiff auch noch Luftfracht?
  • Wann muss die Fracht losgeschickt werden, damit sie rechtzeitig am Zielhafen eintrifft?

Sind Planung und Ausführung schlecht, kann die gesamte Expedition scheitern. Doch auch wenn die Vorbereitung gut ist, gibt es immer Faktoren, auf die man keinen Einfluss hat. Zum Beispiel das Wetter. Aufgrund heftigen Schneefalls und Glatteises konnten unsere Container beinahe nicht wie geplant von der Spedition vom Lagerbereich der BGR in Hannover abgeholt und zum Hafen nach Hamburg transportiert werden. Erst nach stundenlangem Schneeschippen und Eiskratzen konnten die LKWs abfahren. Und bei dieser Expedition hatten wir natürlich zusätzlich mit COVID und seinen globalen Auswirkungen zu kämpfen. Ein Containerschiff, das unsere Fracht mitnehmen sollte, wurde urplötzlich ersatzlos gestrichen und das neu gebuchte Containerschiff hatte schon in Hamburg einige Tage Verspätung und hat dann fünf unserer Container einfach an der Pier stehen gelassen, so dass sie erneut auf einen anderen Frachter umgebucht werden mussten! Am Zielhafen Los Angeles hatte sich durch Überlastung und COVID-bedingten Personalmangel ein langer Stau gebildet. Deshalb dauerte es etwa 10 Tage, bis die Schiffe überhaupt in den Hafen einfahren durften.

Ergebnis: Trotz eines erheblichen Zeitpuffers von 3 Wochen, den wir eingeplant hatten, waren das Forschungsschiff und wir da, aber unsere Ausrüstung nicht. Nach dem verspäteten Eintreffen der insgesamt 9 Container mussten diese entladen und der ganze Inhalt in den Laboren, an Deck und in drei mitgenommenen Containern verstaut werden.

Entladen der Container an Deck der ISLAND PRIDEEntladen der Container an Deck der ISLAND PRIDE Quelle: Mirja Bardenhagen


Kisten mit Arbeitsmaterial beim Stauen im Hafen von San DiegoKisten mit Arbeitsmaterial beim Stauen im Hafen von San Diego Quelle: Mirja Bardenhagen

Während die Expedition noch voll im Gange ist, müssen zwei Wochen vor Expeditionsende schon wieder die Frachtlisten für die Rückfahrt erstellt und Spedition sowie Zoll verständigt werden.
Am Ende der Expedition beginnt nun das Packen von hunderten wenn nicht tausenden von Einzelteilen des Arbeitsmaterials und der Geräte und Ersatzteile entsprechend der detaillierten Frachtlisten. Was kommt in welche Kiste und in welchen Container?

Nachdem hoffentlich alles ohne Probleme durch den ausgesprochen pingeligen US-Zoll geht, auf ein Frachtschiff geladen wird und nach erneuter Prüfung durch den deutschen Zoll muss, kommen die Container in einigen Wochen wieder in Hamburg und schließlich in Hannover bei der BGR an. Dort müssen wir dann alles wieder auspacken und für die nächste Expedition wegräumen. Anschließend können wir uns endlich auf die im Pazifik gesammelten Proben stürzen.

Viele Grüße aus den Tropen,
Mirja Bardenhagen

MiningImpact-Fahrt-Tagebuch, 14.05.2021

Blog #16: Der Kollektortest von GSR

Es wird zunehmend klarer, dass die Welt mehr Metalle benötigt, als die derzeitigen Reserven liefern können. Wir brauchen diese Metalle, um die Anforderungen einer wachsenden Weltbevölkerung zu erfüllen und eine fortschreitende Urbanisierung zu ermöglichen. Für saubere Energietechnologien benötigen wir Metalle wie Nickel, Kobalt, Mangan und Kupfer. Die polymetallischen Knollen der Clarion-Clipperton-Zone enthalten diese vier Metalle. Die Welt braucht Alternativen zur Metallversorgung und wir von Global Sea Mineral Resources (GSR) erforschen eine solche Option.

Wir glauben, dass der Abbau dieser Metalle in der Tiefsee aus Umweltsicht und aus sozialer Verantwortung heraus sinnvoll sein könnte. Dennoch wollen wir sicher sein, dass wir die Metallrohstoffe sorgfältig und mit Bedacht abbauen und dabei die Umwelt des Ozeans im Auge behalten. Uns ist der Ozean auch wichtig.

Die vier oben genannten Metalle kommen in Landminen nie alle zusammen vor, sondern man braucht für ihre Gewinnung zwei oder drei Minen, im Gegensatz zu einem einzigen Abbauvorhaben auf dem Meeresboden. Dort gibt es keine Bäume oder Menschen, die entfernt oder umgesiedelt werden müssen und Berechnungen zeigen, dass der Abbau von Manganknollen vom Meeresboden einen viel geringeren CO2-Fußabdruck haben kann als der Abbau der gleichen Metalle an Land.

GSR hat die Vorversion des Prototyps eines Knollen-Abbauroboters namens Patania II entwickelt und mit unabhängigen Wissenschaftlern an Bord des gecharterten Schiffes NORMAND ENERGY zusammengearbeitet, um die Abbauversuche zu überwachen. Diese Versuche wurden auch von der MV ISLAND PRIDE aus von unabhängigen Wissenschaftlern des JPI-O MiningImpact-Konsortiums auf Einladung der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) überwacht. Dieses Vorhaben war beispiellos und erforderte große Anstrengungen und Koordination auf allen Seiten um den Erfolg zu gewährleisten, ganz zu schweigen von den zusätzlichen Schwierigkeiten der Organisation während einer Pandemie. GSR ist sehr stolz darauf, diesen weltweit ersten Abbautest durchgeführt und eine transparente Überwachung ermöglicht zu haben. Wir bedanken uns bei der BGR, bei JPI-O MiningImpact und bei allen beteiligten Wissenschaftlern für ihr Engagement und ihre Expertise und Professionalität.

Der Test fand von Mitte April bis Mitte Mai 2021 in den Explorationsgebieten von GSR (Belgien) und BGR (Deutschland) in der Clarion-Clipperton-Zone im Nordost-Pazifik statt.

Patania II wurde erfolgreich mit kommerziellen Fahrgeschwindigkeiten und Knollenaufnahmeraten betrieben. Vom 19. bis 21. April wurden in 40 Stunden im Testgebiet von GSR 171 x 50 m lange Bahnen entlang von drei Streifen abgebaut, 55 Bahnen auf dem ersten Streifen, 31 Bahnen auf dem zweiten Streifen und 85 Bahnen auf dem dritten Streifen. Die gesamte abgebaute Fläche schätzen wir auf knapp 31.000 Quadratmeter. Die gefahrene Spurlänge betrug 8.550 Meter und die gesamte gefahrene Spurlänge für alle vier Mining Strips (abgebautes Gebiet + Wenden des Kollektors) betrug 21.375 Meter.

Der zweite Abbautest vom 8. bis 9. Mai, wurde über einen Zeitraum von 24 Stunden unter schwierigen Umständen (z.B. Greenpeace-Proteste) erfolgreich durchgeführt. Patania II war in der Lage, 118 Linien von 50 Metern Länge entlang eines einzigen Streifens zu fahren. Bei einer Kollektorbreite von 4 Metern und einer insgesamt gefahrenen Streckenlänge von 5.900 Metern entspricht die gesamte abgebaute Fläche 23.600 Quadratmeter.

Die Überwachung der Umweltauswirkungen an Bord des GSR-Schiffes NORMAND ENERGY wurde in Zusammenarbeit mit dem Massachusetts Institute of Technology (MIT) und der Universität Gent (MarBiol) durchgeführt. Die Wissenschaftler setzten akustische Strömungsmesser (Acoustic Doppler Current Profilers, kurz ADCPs), Trübungsmesser und eine Partikelkamera ein und sammelten Wasserproben mit Niskin®-Flaschen, um die Fahne des resuspendierten Sediments in der Nähe des Kollektors zu untersuchen. Diese Geräte wurden direkt auf dem Kollektor montiert, um die Messungen so nah wie möglich am Ursprungsort durchzuführen. Ozeanographische Verankerungen mit ADCPs und Trübungsmessern wurden ebenfalls eingesetzt, um die physikalischen Eigenschaften wie Partikelkonzentration und -korngröße sowie Geschwindigkeit und Höhe der Suspensionsfahne in mittleren Entfernungen zu untersuchen.

GSR ist sich im Klaren darüber, dass vor einer Gewinnung von polymetallischen Knollen in kommerziellem Maßstab nachgewiesen werden muss, dass solche Aktivitäten so gesteuert werden können, dass ein effektiver Schutz der Meeresumwelt gewährleistet ist. Der Abbautest und die wissenschaftlichen Studien dienen als Grundlage für eine zuverlässige Modellierung des kommerziellen Betriebs und sollen sowohl die nächste Phase der technischen Entwicklung eines Abbaugerätes ermöglichen als auch verbesserte Grundlagen für das Umweltmanagement liefern.

Der Manganknollenkollektor-Prototyp Patania II während des EinholensDer Manganknollenkollektor-Prototyp Patania II während des Einholens Quelle: GSR

MiningImpact-Fahrt-Tagebuch, 13.05.2021

Blog #15: Die Internationale Meeresbodenbehörde

Unsere Expedition führt uns in internationale Gewässer und ich werde gelegentlich gefragt, wer denn die Lizenzen für die Erkundung der Rohstoffe in diesem Teil des Ozeans erteilt. Nun, es ist die Internationale Meeresbodenbehörde, die ihren Sitz in Kingston, Jamaika, hat. Der Meeresboden jenseits der Grenzen nationaler Zuständigkeiten, also außerhalb der 200 Meilen-Zonen, bedeckt gut 40 Prozent der Erdoberfläche und gilt nach dem Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen als "Gemeinsames Erbe der Menschheit". Die 1994 gegründete IMB verwaltet dieses Erbe. Sie ist eine autonome internationale Organisation mit derzeit 167 Mitgliedsländern und der Europäischen Union.

Dienstsitz der Internationalen Meeresbodenbehörde in Kingston, JamaikaDienstsitz der Internationalen Meeresbodenbehörde in Kingston, Jamaika Quelle: ISA

Die IMB hat den Auftrag, alle Aktivitäten zur wirtschaftlichen Nutzung des internationalen Meeresbodens und dessen Untergrundes zum Wohle der gesamten Menschheit zu regulieren und zu überwachen. Zugleich soll sie den effektiven Schutz der Meeresumwelt vor schädlichen Auswirkungen, die durch Aktivitäten am Meeresboden entstehen können, sicherstellen und den Interessenausgleich zwischen Industrie- und Entwicklungsländern fördern. Das ist eine ziemlich umfangreiche und anspruchsvolle Aufgabe. Da noch kein Tiefseebergbau stattfindet, besteht die zentrale Arbeit der IMB zurzeit darin, neben der Vergabe und Überwachung von Explorationsverträgen, die Regeln für den zukünftigen Abbau der mineralischen Rohstoffe der Tiefsee, wie zum Beispiel Manganknollen, zu erarbeiten.

Plenarsaal der IMB während der 25. Sitzung in KingstonPlenarsaal der IMB während der 25. Sitzung in Kingston Quelle: IISD Reporting Services

Sowohl staatliche Institute wie die BGR als auch private Unternehmen können gegen eine Gebühr von 500.000 US-Dollar eine Explorationslizenz für ein Gebiet des internationalen Ozeans beantragen. Die Anträge müssen von ihrem Heimatstaat, dem sogenannten "Sponsoring State", befürwortet werden. Der Sponsorstaat prüft, ob der Antragsteller die in den IMB-Regularien festgelegten Anforderungen erfüllt und ob er über die finanziellen und technischen Möglichkeiten verfügt. Darüber hinaus ist der Staat zur Überwachung verpflichtet und haftet für diese Tätigkeit. Seit 2001 hat die IMB insgesamt 31 Verträge zur Erkundung des Meeresbodens nach mineralischen Rohstoffen abgeschlossen. Bisher wurden 18 Verträge zur Exploration von Manganknollen in Gebieten von jeweils 75.000 Quadratkilometern, 5 zur Exploration von Mangankrusten (jeweils 3.000 Quadratkilometer) und 7 zur Exploration von Massivsulfiden (jeweils 10.000 Quadratkilometer) vergeben. Die 19 staatlichen und 12 privaten Lizenznehmer stammen aus 21 verschiedenen Ländern, davon 12 aus Asien, 13 aus West- und Osteuropa, 4 aus pazifischen Inselstaaten sowie 2 aus Süd- und Zentralamerika. Jeder Explorationsvertrag hat eine Laufzeit von 15 Jahren mit der Möglichkeit von Verlängerungen um jeweils fünf Jahre. Diese Verträge gewähren auch ein Vorrecht auf künftige Abbaulizenzen und erlauben - nach einer umfangreichen Umweltverträglichkeitsprüfung - die Erprobung von technischen Anlagen, zum Beispiel für den Test eines Abbaugeräts, wie er in den letzten Wochen in den Explorationsgebieten von GSR (Belgien) und BGR (Deutschland) durchgeführt wurde.

Mit besten Grüßen aus dem Pazifik,
Carsten Rühlemann

MiningImpact-Fahrt-Tagebuch, 13.05.2021

Blog #14: Die Herausforderungen des Kastengreifers oder die Kälte in den Tropen

Im blauroten Abendlicht stehen die drei Herausforderer vor dem weißen Fass mit vier Grad kalten Seewasser. Das kaffeebraune Sediment im Kastengreifer glänzt, als sich eine Maurerkelle nähert und die ersten Stücke abhebt, um sie vorsichtig in das Seewasser gleiten zu lassen. Drei Hände nähern sich dem Wasser, langsam tauchen erst die Fingerspitzen und schließlich drei Unterarme in das eisige Nass und beginnen vorsichtig zu rühren. Das Sediment muss aufgeschwemmt werden, aber das ist unwichtig. Wer wird als erstes aufgeben und seine Hand aus dem klirrend kalten Wasser ziehen?

Wir benutzen den Kastengreifer, um Makrofauna zu untersuchen. Zur Makrofauna zählen alle kleinen Tiere aus dem Tiefseesediment, die größer sind als 300 µm (0,3 mm); das sind vor allem Borstenwürmer (Polychaeta) und verschiedene Krebse wie zum Beispiel Asseln (Isopoda). Da sie in 4500 m Wassertiefe im Sediment des Meeresbodens leben, müssen wir sie natürlich erst einmal an die Wasseroberfläche holen und da kommt der Kastengreifer ins Spiel. Er ist quasi ein Kasten mit einem Durchmesser von einem Viertel Quadratmeter, der nach unten auf den Meeresboden gelassen wird und dort ein Stück Sediment aussticht. Er ist in einem Gestell befestigt, zusammen mit einer Schaufel, die sich schließt, sobald der Kastengreifer auf dem Boden aufkommt und unsere Tiefseeprobe davor bewahrt, auf dem Weg nach oben aus dem Kasten zu rutschen.

Immer mehr des weichen, fluffigen Oberflächensediments landen im kalten Seewasser. Auch das Sediment ist nicht wärmer, immerhin kommt es aus der Tiefsee, wo Temperaturen von 1,5°C herrschen, direkt nach oben an Deck. Noch sind alle Hände im Wasser, bisher hat keiner aufgegeben. Unterdessen lösen sich langsam die kleinen Sedimentstücke im Wasser auf, bis eine einheitliche, braune Schlammsuppe entsteht. Die drei Arme rühren langsam und stetig immer weiter. Immerhin geht es um eine Dose Cola.

Der Kastengreifer bringt einen Viertelquadratmeter Tiefseeboden an Deck. Wir interessieren uns für die Makrofauna darin, das sind alle Tiere, die größer als 300 µm sindDer Kastengreifer bringt einen Viertelquadratmeter Tiefseeboden an Deck. Wir interessieren uns für die Makrofauna darin, das sind alle Tiere, die größer als 300 µm sind Quelle: BGR

Ist der Kastengreifer oben an Deck angekommen und gesichert, muss als erstes der Kasten aus dem Gestell ausgebaut werden. Muttern und Schrauben werden gelöst, dann kann der Kasten mit einem Hubwagen aus dem Gestell herausgezogen werden. Als erstes saugen wir Biologinnen das Wasser ab, das im Kasten über dem Sediment steht und lassen es über ein Sieb laufen. Auch in diesem Wasser finden wir eine Menge kleiner Organismen. Das Wasser im Kastengreifer ist fast immer trüb. Aber langsam klärt sich die Sicht und wir können die ersten Manganknollen erkennen. Jetzt wird es spannend: Haben wir vielleicht ein oder zwei große Tiere gefangen? Vielleicht einen der gigantischen Einzeller, sogenannte Xenophyphora, die wie Blumen auf den Manganknollen wachen? Ist dort ein Schlangenstern? Oder ein Seeigel?

Wenn der Kastengreifer an Deck ist, wird das Sediment mit Maurerkellen in 4° kaltes Seewasser geschaufelt. Im Wasser wird es aufgeschwemmt, damit es schließlich über 300 µm gesiebt werden kann. Dadurch wird ein großer Teil des Sediments ausgespültWenn der Kastengreifer an Deck ist, wird das Sediment mit Maurerkellen in 4° kaltes Seewasser geschaufelt. Im Wasser wird es aufgeschwemmt, damit es schließlich über 300 µm gesiebt werden kann. Dadurch wird ein großer Teil des Sediments ausgespült, so dass die Tiere leichter aus der Probe herausgeholt werden können Quelle: Henko de Stigter

Die Herausforderung geht weiter, mittlerweile wird die nächste Schicht aus dem Kastengreifer abgetragen. Alle drei sind noch dabei, während die oberste Schicht mit den meisten Tieren bereits durch das Sieb mit einer Maschenweite von 300 µm gesiebt wird. Jeder geht mit der Kälte anders um. An einer Seite wird stoisch gerührt, daneben Witze gemacht. Der dritte Herausforderer flucht über die Kälte, die mit jedem neuen Sedimentbrocken wieder in das eisige Wasser hinein flutet. Aber sie alle rühren noch.

Wenn das Wasser von der Oberfläche des Kastengreifers entfernt ist, können wir endlich sehen, welches Stück Meeresboden wir da an die Oberfläche geholt haben. Nachdem wir es fotografiert haben, nehmen wir die Knollen vorsichtig herunter und spülen sie in kaltem Seewasser ab. Auch die Knollen werden untersucht, um festzustellen, welche Tiere auf der Oberfläche und in den schmalen, sedimentgefüllten Spalten leben. Jetzt, ohne Wasser, können wir eine Seite des Kastens abschrauben und uns auch die tieferen Sedimentschichten ansehen. Allerdings sind wir Biologen nur wenig an den Mustern in den Schichtungen interessiert. Wir unterteilen den Kastengreifer immer in dieselben drei Schichten, die obersten drei Zentimeter, die darauffolgenden zwei Zentimeter und eine Schicht von fünf bis zehn Zentimetern. Für uns ist das sinnvoll, weil die meisten Tiere direkt in den oberen drei Zentimetern leben und wir dann außerdem wissen, welche Tiergruppen doch tiefere Regionen bevorzugen.

Die drei Herausforderer sind bei der letzten Schicht angekommen. Jetzt ist das Sediment nicht mehr so weich sondern zäher und löst sich schwerer. Doch sie rühren weiter, vorsichtig und gleichmäßig, um die empfindlichen Tiere nicht zu zerstören und auch, damit die Probe nicht auf dem Deck verschüttet wird. Jetzt kommt auch mehr Sediment in das eisige Wasser, die immer noch kalte Schicht aus einer Tiefe zwischen fünf und zehn Zentimetern. Währenddessen ist die erste Schicht schon fertig, um im Labor sortiert zu werden. Jetzt kann die nächste Schicht gesiebt werden.

Dadurch, dass das Sediment erst aufgeschwemmt und dann über 300 µm gesiebt wird, können wir den feinen Tiefseeton aussieben und die Tiere auf dem Sieb behalten. Trotzdem müssen sie immer noch aus dem restlichen Sediment herausgepickt werden. Und auch wenn man Makrofauna oft mit bloßem Auge sehen kann, kann man sie zwischen den restlichen Sedimentkörnern und dem Manganknollenabrieb nur sehr schlecht sehen. Deswegen werden sie unter einem Mikroskop sortiert und in unterschiedliche Tiergruppen unterteilt. Damit die Tiere möglichst gut und ohne Sediment fixiert werden können, wird das sofort an Bord erledigt.

Unterdessen ist die letzte Schicht des Kastengreifers bereit gesiebt zu werden. Die drei Kontrahenten trennen sich unentschieden und können sich in der tropisch-warmen Abendluft bei einer eiskalten Cola wieder aufwärmen. Es hat zwar keiner gewonnen, aber alle unsere Proben aus dem Kastengreifer sind gesichert und jetzt kann das restliche, tiefere Sediment auch für andere Zwecke freigegeben werden.

Der Geologe Henko de Stigter erschafft aus den Überresten des Kastengreifers immer wieder Kunstwerke wie diese MeerjungfrauDer Geologe Henko de Stigter erschafft aus den Überresten des Kastengreifers immer wieder Kunstwerke wie diese Meerjungfrau Quelle: Henko de Stigter

Mit besten Grüßen von Bord der ISLAND PRIDE,
Katja Uhlenkott

MiningImpact-Fahrt-Tagebuch, 12.05.2021

Blog #13: Spuren(metall)suche am Meeresboden

Ein Tag ohne neue Proben und zum ersten Mal seit 10 Tagen gut ausgeruht - jetzt ist der richtige Zeitpunkt, einen Blogbeitrag zu schreiben. Mehr als die Hälfte der Reise ist bereits vorbei, die Kisten für die Proben füllen sich eine nach der anderen. Wir befinden uns noch im belgischen Lizenzgebiet, werden aber bald unseren 2-tägigen Transit Richtung Osten starten.

Ich bin Katja und arbeite als Geochemikerin bei der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) in der Abteilung für marine Rohstofferkundung. Es ist das dritte Mal für mich, dass ich hier im zentralen Nordostpazifik mehrere Wochen verbringe, einem Gebiet, in dem der Meeresboden in mehr als 4000 Metern Tiefe von Erzvorkommen, den Manganknollen, bedeckt ist. Ziel der diesjährigen Fahrt ist die Überwachung und Untersuchung der direkten Umweltauswirkungen eines mehrtägigen Tests eines Minenfahrzeug-Prototyps am Meeresboden. Ich werde sie aus einer geochemischen Perspektive betrachten und mich dabei auf Spurenmetalle konzentrieren.

Eine anthropogene Freisetzung von Spurenmetallen, die auf natürliche Weise im Schlamm des Meeresbodens und in den Manganknollen gebunden sind, ist bei der Betrachtung des Tiefseebergbaus von Bedeutung. Die Kollektoraktivität führt zur Bildung einer partikelbeladenen Fahne aus aufgewirbeltem Sediment. Die Wolke wird mit den Strömungen am Meeresboden verteilt, und eine Mobilisierung von Spurenmetallen in diesen Partikelwolken kann sich potenziell auf die Fauna auswirken. Viele Spurenmetalle sind essentielle Mikronährstoffe in der Umwelt, werden aber bei erhöhten Konzentrationen toxisch. Verschiedene Aufnahmewege sind möglich: Diffusion durch Zellmembranen von Organismen oder Aufnahme von metallreichen Partikeln durch filtrierende Organismen. Für die Beurteilung der Auswirkungen und die Festlegung von Schwellenwerten ist es daher von Bedeutung, nicht nur die absoluten Konzentrationen zu kennen, sondern auch zu verstehen, in welcher physikalischen und chemischen Form die Metalle auftreten. Außerdem werden Auswirkungen auf den natürlichen Kreislauf der Elemente in der Wassersäule und im Sediment erwartet.

Im Geochemie-Team an Bord sind wir drei Personen. Mirja (BGR), Matthias (GEOMAR) und ich sind dafür verantwortlich, alle relevanten Proben für die späteren geochemischen Analysen zu sammeln. Komponenten wie Nährstoffe, organischer und anorganischer Kohlenstoff, Alkalität, physikalische Sedimenteigenschaften sowie die Elementzusammensetzung, einschließlich der Spurenmetalle, sind wesentliche Größen, die bestimmt werden müssen. Unsere Hauptarbeitsplätze zur Bearbeitung der Proben sind der Kühlraum bei 4°C und das Geochemie-Labor. Alle wissenschaftlichen Labore, einschließlich des Kühlraums, bestehen aus Containern, die auf dem Außendeck befestigt sind, und wir sollten besser nichts vergessen, bevor wir von einem Ort zum anderen wechseln. Bevor wir an Deck gehen, müssen wir uns nämlich mit unseren Sicherheitsstiefeln, Helmen und Overalls ausstatten. Im Kühlraum tragen wir besser warme Kleidung und eine Mütze. Im Laborcontainer wiederum lassen wir alle schmutzige Kleidung draußen und tragen Laborschuhe. Wenn unsere Proben an Deck ankommen, müssen sie sofort bearbeitet werden, was viele Stunden dauert. Und in der Zwischenzeit treffen schon die nächsten Proben ein... . Manchmal fühlt es sich an wie eine unendliche Geschichte. Wenige Stunden Schlaf, oft genug unterbrochen durch das klingelnde Telefon ... . Aber wenigstens hat unser Laborcontainer große Fenster, so dass wir Tageslicht und einen schönen Ausblick haben. Eine kleine Pause in der Sonne, mit Nachmittagskuchen und frischem Kaffee (Bild 1), hilft auch, sich zwischendurch etwas zu erholen.

Kaffeepause vor dem Geochemie-Container, von links nach rechts: Mirja, Katja, Matthias Kaffeepause vor dem Geochemie-Container, von links nach rechts: Mirja, Katja, Matthias Quelle: Annemiek Vink

Wie bereits erwähnt, beproben wir sowohl Meerwasser als auch Oberflächensediment. Wie sieht also ein typischer Arbeitsablauf aus, wenn die Proben an Bord angekommen sind?

(1) Bei Untersuchungen von Spurenmetallen im Meerwasser besteht die erste Herausforderung darin, die Wasserproben zu bekommen, ohne sie dabei bereits zu kontaminieren. Spurenmetalle befinden sich nicht nur in dem Wasser, das wir beproben wollen. Seien es Verunreinigungen im Tabakrauch (wie die Seltenen Erden Cer und Lanthan), Staubpartikel in der Luft (Kupfer, Kobalt oder Zink) oder Metalllegierungen (Eisen, Kobalt und Zink) - Metalle sind überall und warten nur darauf, unsere Proben zu versauen. Da wir in unseren Proben nichts von diesen Signalen sehen wollen, sondern nur das, was im Wasser transportiert wird, beginnt ein erfolgreiches Spurenmetallprojekt immer mit der richtigen Reinigung und der richtigen Probenahme. Zum Beproben des Wassers verwenden wir die speziellen GoFlo-Wasserprobenahmeflaschen, die für die Probenahme von Spurenmetallen ausgelegt sind, ohne dass irgendwelche Metallteile mit dem Wasser in Berührung kommen. An Deck angekommen, wird das beprobte Wasser aufgeteilt und für verschiedene Zwecke aufbewahrt, während wir weiterhin so metallfrei wie möglich arbeiten - was auf einem Schiff aus Stahl eine große Herausforderung ist (Bild 2).

Mirja und Katja an Deck beim Filtern von Wasser aus den GoFlo-Wasserprobennehmern und beim Messen von pH-Wert und Leitfähigkeit nach einem erfolgreichen EinsatzMirja und Katja an Deck beim Filtern von Wasser aus den GoFlo-Wasserprobennehmern und beim Messen von pH-Wert und Leitfähigkeit nach einem erfolgreichen Einsatz Quelle: Annemiek Vink

An Deck vermeiden wir jeden Kontakt mit der Luft, während wir das Wasser in verschiedenen Plastikflaschen sammeln, und im Geochemielabor arbeiten wir unter Reinluftboxen, verwenden hochreine Säuren zur Konservierung und versuchen, unser Labor so sauber wie möglich zu halten - keine einfache Aufgabe! Im Labor Wir filtern die Wasserproben, um ton-, schluff- und sandgroße Partikel und auch die unsichtbaren Nanopartikel aus dem Wasser zu trennen, und schließlich werden alle Proben für den späteren Transport ins Heimatlabor gelagert.

(2) Die 30 cm langen Oberflächensedimentkerne werden im Kühlraum bearbeitet. Dies ist notwendig, um die in situ Temperaturen beizubehalten und die chemischen Gleichgewichte in den Sedimenten nicht zu verändern. Nachdem wir die Kerne fotografiert und visuell beschrieben haben, beproben wir das Sediment in 0,5-cm- bis 1-cm-Scheiben, um Tiefenprofile zu erhalten (Bild 3a). Die Röhrchen mit dem Sediment werden dann ins Labor gebracht, wo wir das Porenwasser durch Zentrifugation trennen. Wir nehmen verschiedene Probensplits des erhaltenen Porenwassers (Bild 3b), führen erste Messungen empfindlicher Parameter durch und konservieren die Proben dann durch Ansäuern oder Einfrieren. Anhand der Analyseergebnisse können wir quantifizieren, wie viel von der Oberflächensedimentschicht durch die Kollektormaschine entfernt wurde, und die Quantität und Qualität des Materials charakterisieren, das sich aus der Partikelfahne wieder abgesetzt hat. Biogeochemische Prozesse im Sediment bilden die Grundlage für alles Leben im und am Meeresboden, und unsere Arbeit stellt eines der Puzzlestücke zum Verständnis der mittel- und langfristigen Auswirkungen des Tiefseebergbaus dar.

Katja im Kältelabor (4°C) bei der Arbeit an einem 30 cm langen Sedimentkern vom MeeresbodenKatja im Kältelabor (4°C) bei der Arbeit an einem 30 cm langen Sedimentkern vom Meeresboden Quelle: Mirja Bardenhagen

Mirja beim Filtern des aus dem Sediment extrahierten Porenwassers unter der Reinraum-Box im Geochemie-LaborMirja beim Filtern des aus dem Sediment extrahierten Porenwassers unter der Reinraum-Box im Geochemie-Labor Quelle: Katja Schmidt

(3) Neben der Möglichkeit, Wasser und Sediment an Deck zu bringen und zu beproben, nutzen wir auch die Methode der passiven In-situ-Probenahme, eine wirklich clevere Art, Metalle zu sammeln. Eine solche Membran hängt im Wasser herum und zieht einen bestimmten Teil eines Spurenmetalls an: diejenige Spezies, die nicht fest an andere Komponenten im Wasser gebunden ist und leicht von Organismen aufgenommen werden kann (der sogenannte labile Pool). Sobald diese Metalle in die Nähe kommen, werden sie "eingefangen" und haften an der Membran (so ähnlich wie eine Fliegenfalle). Deshalb nennt man es Passivsammler. Die Passivsammler sammeln Metalle konstant über die Zeit, solange sie sich im Wasser befinden. Wir montierten die kleinen Membranhalterungen auf die Sensorplattformen, die für die Zeit während und nach dem Fahren des Abbaugerätes am Meeresboden eingesetzt wurden, um die Wassertrübung in verschiedenen Abständen und Ausrichtungen zum Testgebiet aufzuzeichnen (Abbildung 5, siehe Sensorblog).

Passivsammler-Membranen: Membranen, die an einer in Frischhaltefolie eingewickelten Sensorplattform befestigt sindPassivsammler-Membranen: Membranen, die an einer in Frischhaltefolie eingewickelten Sensorplattform befestigt sind Quelle: Katja Schmidt

Passivsammler-Membranen: Membranen, die am Rahmen einer Sedimentfalle befestigt sind, noch mit Frischhaltefolie abgedeckt, um sie vor staubiger Luft zu schützenPassivsammler-Membranen: Membranen, die am Rahmen einer Sedimentfalle befestigt sind, noch mit Frischhaltefolie abgedeckt, um sie vor staubiger Luft zu schützen Quelle: Katja Schmidt

Da die Passivsammler selektiv diejenigen Spurenmetalle sammeln, die von Organismen aufgenommen werden können und damit potenziell schädlich sind, erhalten wir hier mehr Informationen über die Bioverfügbarkeit der Metalle, die aus dem vom Meeresboden aufgewirbelten Sediment mobilisiert werden. Passivsammler sind darüber hinaus ein vielversprechendes Werkzeug für langfristige Überwachungszwecke, da sie in situ eingesetzt werden können und die Metallkontamination während der Probenahme und der Probenaufbereitung an Bord und im Heimlabor minimieren.

Alles Gute von Bord der MV Island Pride,
Das Geochemie-Team (Mirja, Katja, und Matthias)

MiningImpact-Fahrt-Tagebuch, 11.05.2021

Blog #12: Eine Laborratte auf Reisen

Es können nicht viele Laborratten, wie ich eine bin, mit auf eine Schiffsexpedition fahren. Dies ist jetzt meine zweite Fahrt. Die erste war auf der Nordsee, sozusagen vor der Haustür. Diese hier ist zwischen Mexiko und Hawaii im Pazifik. Also schon etwas weiter weg. Da wir in Covid-19-Zeiten unterwegs sind, waren die Vorbereitungen ein Alptraum. Aber darüber will ich hier nicht berichten. Fangen wir einfach am Flughafen in Frankfurt an. Der Großteil der Forscher ist mit demselben Flugzeug nach L.A. geflogen. Der Flug selber war ruhig und mit 12 Stunden doch sehr lang. Endlich angekommen, haben wir weitere Forscher aus anderen Ländern getroffen und sind zusammen nach San Diego in ein Hotel gefahren. Dort haben wir dann die nächsten 12 Nächte in Einzelzimmern in Quarantäne verbracht. Zum Glück gab es einen kleinen Balkon und tägliche Online-Meetings. Sogar eine Online-Sport- und Spiele-Gruppe hat sich gebildet.

Laborratte auf dem Balkon im Hotel und am PCLaborratte auf dem Balkon im Hotel und am PC Quelle: Mirja Bardenhagen

Am Schiff angekommen waren viele Container noch nicht da. Sie trafen erst nach und nach in den folgenden Tagen ein, trotzdem herrschte eine rege Beschäftigung. Vom oberen Deck wirkte es manchmal wie ein aufgescheuchter Ameisenhaufen. Wo soll nur all unsere Ausrüstung und die Boxen hin?

Laborratte auf BoxenLaborratte auf Boxen Quelle: Mirja Bardenhagen

Da verzieh ich mich lieber erstmal in meine Kabine. Hier stellte sich mir aber dieselbe Frage. Auf Schiffen ist nicht viel Platz in einer Kabine und in der Regel teilt man sie sich mit einer weiteren Person.

Laborratte auf der KojeLaborratte auf der Koje Quelle: Mirja Bardenhagen

Die Sport- und die Spielegruppe hatten sich mittlerweile face-to-face getroffen. Erstere konnte ihr Sportprogramm bei fantastischer Aussicht auf dem Helideck abhalten.

Laborratte auf HelideckLaborratte auf Helideck Quelle: Mirja Bardenhagen

Nach 5 Tagen waren alle Container da und unsere Ausrüstung verstaut und gesichert. Am Abend liefen wir dann endlich aus. Allerdings hatte uns der Pazifik dann auch gleich mit über 3-Meter-Wellen begrüßt. Da wird auch einer Wasserratte mal schlecht.
Der Arbeitsalltag ist einerseits völlig anders, andererseits auch irgendwie ähnlich.

Laborratte auf der CleanBench im Geochemie-LaborcontainerLaborratte auf der CleanBench im Geochemie-Laborcontainer Quelle: Mirja Bardenhagen

So ist zum Beispiel das Messen der pH- Werte einer Probe gleich dem im Labor an Land. Allerdings muss ich an Land nicht darauf gefasst sein, dass der Boden schwankt. Zumindest nicht dort, wo ich lebe. Dafür ist die Aussicht auf einem Schiff wesentlich beeindruckender.

Laborratte beobachtet einen Sonnenuntergang und das MeerLaborratte beobachtet einen Sonnenuntergang und das Meer Quelle: Mirja Bardenhagen

Eine weitere Abwechslung, sogar vom Schiffsalltag ist die Begleitung der Fahrt durch zwei Journalisten. Auch wenn man es heutzutage gewohnt ist, dass ständig irgendwelche Fotos mit dem Smartphone gemacht werden, ist es doch etwas Anderes, wenn einem plötzlich eine Profikamera über die Schulter schaut ;-)

Laborratte schaut den Kameramann Thomas Aigner über die SchulterLaborratte schaut den Kameramann Thomas Aigner über die Schulter Quelle: Mirja Bardenhagen

Aber nicht nur das Arbeiten ist anders als auf der Arbeitsstätte zu Hause. Ein Schiff ist wie eine kleine autarke Stadt. Es gibt neben den Arbeitsbereichen wie Brücke, Maschinenraum, Hauptdeck, Galley (Küche), Wäscherei etc. und dem Wohnbereich, in dem die Kabinen sind, aber auch einen Aufenthaltsraum, einen Sportraum und eine Sauna.

Laborratte im Aufenthaltsraum, auf der TT- Platte und in der MesseLaborratte im Aufenthaltsraum, auf der TT- Platte und in der Messe Quelle: Mirja Bardenhagen

Diese Dinge werden aber schon notwendig, wenn man bedenkt, dass wir 6 Wochen alleine auf dem Pazifik unterwegs sind. Naja, fast alleine ...

Laborratte entdeckt andere SchiffeLaborratte entdeckt andere Schiffe Quelle: Mirja Bardenhagen

Und dann sind da auch noch die vielen anderen Tiere, wie Fliegen- und Tintenfische oder Mahi Mahi, die eine Landratte nicht zu Gesicht bekommt. Äußerst beeindruckend war auch der Besuch eines Adlers auf dem Helideck im Hafen von San Diego.

Laborratte zu Besuch bei der Fahrtleiterin Annemiek Vink. Laborratte blickt auf das Hauptdeck und begutachtet den MeeresbodenLaborratte zu Besuch bei der Fahrtleiterin Annemiek Vink. Laborratte blickt auf das Hauptdeck und begutachtet den Meeresboden Quelle: Mirja Bardenhagen

Viele Grüße aus dem Pazifik
Mirja Bardenhagen

MiningImpact-Fahrt-Tagebuch, 10.05.2021

Blog #11: Mikroben sind überall, so wie wir!

Es ist vier Uhr morgens auf dem Hauptdeck der Island Pride; Massi hat mich unter den Leuten gefunden, die Proben aus den Niskin-Flaschen nehmen, die kürzlich an Deck kamen, und sagt: "Ich bin gerade mit den in situ-Pumpenproben fertig geworden. Wenn ich ein paar Stunden geschlafen habe, kann ich mich um die Proben aus dem Multicorer kümmern und dann kann ich mit den Knollen aus dem Kastengreifer beginnen. Sobald Jakob die Untersuchungen für extrazelluläre enzymatische Aktivitäten beendet hat, kannst Du dann bitte mit dem Schlachten der Sedimentkerne beginnen? Ich denke, die Filtration des Meerwassers aus der letzten CTD ist bis dahin abgeschlossen. Dann, wenn Felix und Duygu ihre Arbeit mit den Sauerstoffsonden beendet haben, können wir die Wasserprobenahme besprechen und den Plan für den kommenden ROV-Tauchgang ausarbeiten". Das mag aufregend und gleichzeitig chaotisch klingen (vielleicht macht es für viele Leserinnen und Leser auch einfach nicht viel Sinn...). Für uns ist es eher eine Frage des cleveren Schlafmangelmanagements.

In der Tat sind diese Aktivitäten in den letzten zwei Wochen zur Routine geworden, ebenso wie die 6 bis 8 Stunden Schlaf in der Nacht, die man normalerweise hat, durch ein Nickerchen ersetzt werden, wenn sich die Gelegenheit ergibt. Dennoch wird die Müdigkeit immer von einem Lächeln und einem aufmerksamen Blick begleitet. Dies spiegelt unsere starke Motivation wider, die Ziele der Expedition zu erreichen. Unsere Forschungsgruppe für Tiefseeökologie und -technologie des Alfred-Wegener-Instituts in Bremerhaven und des Max-Planck-Instituts für Marine Mikrobiologie in Bremen ist darin geübt und auf diese Arbeitsbedingungen vorbereitet. Das Wissen um die Herausforderungen und die Bedeutung dieses Projektes für den Schutz der Tiefsee bestärkt uns darin, die Zeit und die Probenahme an Bord der ISLAND PRIDE optimal zu nutzen.

Niemand im Mikrobiologie-Container? Sie könnten im Kühlcontainer sein, wenn sie nicht gerade für eine Sicherheitsübung zur Sammelstelle eilenNiemand im Mikrobiologie-Container? Sie könnten im Kühlcontainer sein, wenn sie nicht gerade für eine Sicherheitsübung zur Sammelstelle eilen Quelle: Batuhan Yapan

Wie bereits in früheren Beiträgen in diesem Blog ausführlich erwähnt, ist das Ziel unserer Expedition, die Auswirkungen des Prototyps eines Manganknollen-Kollektors im Maßstab 1:4 auf das Ökosystem der Tiefsee zu verstehen. Um Art und Ausmaß der Umweltauswirkungen zu beurteilen, haben wir den Abbautest von Patania II genau verfolgt, das Verhalten der vom Kollektor erzeugten Suspensionsfahne beobachtet und Proben aus der Fahne, den von Patania II hinterlassenen Spuren und von nahegelegenen Stellen, an denen sich Schwebstoffe wieder abgesetzt haben, gesammelt. Die Aufgabe unserer Gruppe ist es, die Auswirkungen des Abbautests auf die mikrobielle Abundanz, Diversität und auf die metabolischen Aktivitäten zu untersuchen. Obwohl sie für das menschliche Auge unsichtbar sind, machen Mikroben (zu denen Bakterien und Archaeen gehören) typischerweise den größten Anteil der Biomasse in Tiefseesedimenten aus und spielen eine wichtige Rolle im Kohlenstoff- und Metallkreislauf. Sie sind daher entscheidend für das Funktionieren des größten, noch weitgehend unerforschten Ökosystems der Erde. Die Aufklärung der mikrobiellen Vielfalt und ihrer Funktionen in der Tiefsee erfordert kombinierte Untersuchungen der miteinander verknüpften mikrobiellen Gemeinschaften im Bodenwasser, in den Sedimenten und in den polymetallischen Knollen. Deshalb muss das Mikrobiologie-Team an Bord aus jedem Mikroben-Habitat und von jedem Geräteeinsatz Proben nehmen und verschiedene Analysemethoden anwenden.

Ich vermute, dass Ihr mittlerweile einigermaßen verwirrt seid von Begriffen wie CTD, Niskin-Flasche, ROV, Multicorer, Kernschlachten, in situ-Pumpe... Also lasst uns versuchen zu erklären, was, wie und warum wir hier sammeln und arbeiten.

Wasserproben werden knapp über dem Meeresboden mit speziellen Plastikbehältern, den sogenannten Niskin-Flaschen, entnommen, die an einem Metallrahmen befestigt sind, der wiederum mit einer Vielzahl von Sensoren zur Messung von Temperatur, Sauerstoffkonzentration, Salzgehalt und Trübung ausgestattet ist. Das Herzstück dieses Instruments ist die CTD (steht für conductivity, temperature, depth), mit der wir die Leitfähigkeit zur Berechnung des Salzgehalts, Temperatur und Druck, also die Wassertiefe, sowie – bei unserem Gerät – Sauerstoff und Trübung messen. Der letztgenannte Sensor ist in diesem Projekt besonders wichtig, da er es uns ermöglicht, Suspensionsfahnen am Meeresboden zu erkennen, die die Wassertrübung erhöhen. Die Wasserproben verwenden wir, um die taxonomische Vielfalt (über die Extraktion von DNA), die mikrobielle Zellhäufigkeit und die Menge an organischem Kohlenstoff (als Proxy für die Nahrungsverfügbarkeit) zu untersuchen. Das Meerwasser wird auch für Inkubationsexperimente verwendet, bei denen Stoffwechselraten wie Sauerstoffverbrauch (Atmung), potenzieller Abbau von organischem Kohlenstoff (über extrazelluläre enzymatische Aktivitäten) und Biomasseproduktion (über Einbauraten spezifischer Substrate) gemessen werden. Zusätzliche Probenahmegeräte sind die in situ-Pumpen: Diese speziell entwickelten Pumpen sind so programmiert, dass sie Hunderte von Litern Meerwasser direkt über dem Meeresboden filtern (deshalb "in situ", also "am Ort") und somit genügend mikrobielle Biomasse für die Extraktion von RNA (ja, dieselbe Art von Molekül, die zur Herstellung von COVID-19-Impfstoffen verwendet wird!) liefern, die es uns ermöglicht, die mikrobielle Physiologie unter natürlichen Bedingungen zu untersuchen. Auf dieser Fahrt konnten wir Partikel aus den von Patania II erzeugten Suspensionsfahnen einfangen und Proben nehmen, die es uns ermöglichen, die Auswirkungen auf die mikrobiellen Gemeinschaften und ihre Aktivität in der Wassersäule zu bewerten.

Filtrationsaufbau; eine alte, aber immer noch nützliche Methode zur Untersuchung von Mikroben im Wasser. "FISH" auf den Etiketten hat nichts mit echten Fischen zu tun. Es ist die Abkürzung für eine coole ZellvisualisierungstechnikFiltrationsaufbau; eine alte, aber immer noch nützliche Methode zur Untersuchung von Mikroben im Wasser. "FISH" auf den Etiketten hat nichts mit echten Fischen zu tun. Es ist die Abkürzung für eine coole Zellvisualisierungstechnik: Fluorescent In Situ Hybridization Quelle: Batuhan Yapan

Sedimentproben, die sich mehr als 4 km unter dem Schiff (!!!) befinden, werden mit dem Multicorer gesammelt: wie der Name schon sagt, handelt es sich dabei um einen Metallrahmen, der mit mehreren oben und unten offenen Plastikzylindern bestückt ist, die wir "core liner" nennen. Diese dringen senkrecht in den Meeresboden ein, werden geschlossen, und wir erhalten ungestörte, ca. 30 cm lange Sedimentkerne mit dem darüberstehenden Bodenwasser. An Bord werden diese Sedimentkerne dann horizontal wie eine Wurst in meist 1 Zentimeter dicke Scheiben geschnitten. Dieses "Schlachten" der Kerne ermöglicht es uns, einzelne Sedimentschichten zu beproben, in hoher Auflösung zu untersuchen und die Änderungen entlang des Sedimentprofils zu untersuchen. Für diese Expedition haben wir die Auflösung erhöht, um die Freilegung von tieferen Sedimentschichten durch den Kollektor zu erkennen, der die oberen Sedimente entfernt hat. Außerdem können wir so auch Sedimentpartikel erkennen, die aus der Suspensionsfahne abgesunken sind und sich auf dem Meeresboden in der Nähe des Kollektortestgebiets abgelagert haben.

Schicksal eines Sedimentkerns: Er wird in zentimeterdicke Scheiben geschnitten und für weitere Analysen in Röhrchen gesteckt. Das erfordert stundenlange Arbeit in einem kalten und lauten LaborSchicksal eines Sedimentkerns: Er wird in zentimeterdicke Scheiben geschnitten und für weitere Analysen in Röhrchen gesteckt. Das erfordert stundenlange Arbeit in einem kalten und lauten Labor; manche sehen darin eine gute Möglichkeit, sich vor heißen tropischen Nachmittagen zu verstecken Quelle: Batuhan Yapan

Manganknollen, kartoffelförmige Mineralkonkretionen, die oben auf dem Meeresboden liegen, sind wegen ihres hohen Metallgehalts das Ziel des Tiefseebergbaus in der Clarion-Clipperton-Bruchzone. Für uns sind sie jedoch eher einzigartige Lebensräume, die einen harten Untergrund für sessile (also festsitzende) Tiere, und spezifische Gemeinschaften von Mikroben beherbergen. Dennoch ist wenig darüber bekannt, welche Funktion die mit den Knollen assoziierten Mikroben ausüben und welche Rolle die Mikroben bei der Knollenbildung spielen. Ein wichtiges Ziel unseres Projekts ist es, die mikrobielle Vielfalt zu bestimmen und zu verstehen, welche Prozesse durch den Abbau der Knollen verloren gehen könnten. Um das zu erreichen, haben wir Manganknollen aus vielen unterschiedlichen Bereichen rund um das Testgebiet gesammelt und Teilproben für DNA- und RNA-Sequenzierung, Zellzählung und metabolische Messungen genommen. Wir beproben also drei verschiedene Bereiche: die dem Meerwasser ausgesetzte Oberfläche, den inneren Kern und die Bodenschicht, die mit den Sedimenten in Kontakt ist. Die Knollen haben wir mit einem Kastengreifer gesammelt, ein äußerst effektives Probenahmegerät für größere Mengen an Sedimenten im Vergleich zum Multicorer, jedoch etwas rauer und technisch einfacher.

Ein genauer Blick auf eine Manganknolle. Wie deutlich zu sehen ist, haben Manganknollen keine homogenen Strukturen; sie sind zwiebelschalenförmig aufgebaut und haben eine glatte Ober- und raue, pröse UnterseiteEin genauer Blick auf eine Manganknolle. Wie deutlich zu sehen ist, haben Manganknollen keine homogenen Strukturen; sie sind zwiebelschalenförmig aufgebaut und haben eine glatte Ober- und raue, pröse Unterseite Quelle: Massimiliano Molari

Durch die Messung der Änderung der Sauerstoffkonzentration mit der Sedimenttiefe kann man die Rate der Sauerstoffaufnahme als Maß für die Aktivität der im Sediment lebenden Organismen und deren Aufnahme und Verwertung von organischem Kohlenstoff berechnen. Für diese Messungen haben wir ein weiteres spannendes "in situ"-Werkzeug: die Sauerstoffsonden. Im Grunde handelt es sich dabei um sehr raffiniert konstruierte nadelförmige Sensoren, die in das Sediment eindringen und die Sauerstoffkonzentration entweder anhand des durch die Reduktion des Sauerstoffs im Sensor fließenden Stromes oder der Fluoreszenz eines sauerstoffempfindlichen Farbstoffs an der Sensorspitze messen. Obwohl das Prinzip recht simpel ist, ist es nicht einfach, sie in Tausenden von Metern Wassertiefe durchzuführen, vor allem, wenn dort Knollen nur darauf warten, die aus Glas hergestellten dünnen, empfindlichen Nadeln zu zerbrechen. Deshalb verbringen Duygu und Felix Stunden in ihrem Labor, das gleichzeitig Werkstatt ist, um neue Nadeln zu kalibrieren und die Sonden zu warten, bevor sie sich in den ROV-Kontrollraum begeben, um zu sehen, wie ihre Geräte am Meeresboden (hoffentlich mit Sensoren, die auf Lücken zwischen den Knollen gerichtet sind) von einem Tauchroboter (ROV) aus eingesetzt werden, der von einem erfahrenen Team echter TOP GUN-Piloten der Tiefsee gesteuert wird! Doch die Ergebnisse sind die Mühe wert. Inzwischen haben wir genug Profile gesammelt, um den Sauerstoffverbrauch der Mikroben zu verstehen und den Sauerstofffluss sowie den Kohlenstoff-Stoffwechsel berechnen zu können. Außerdem weichen die nach dem Patania-Test gemessenen Sedimentprofile deutlich von ungestörten Profilen ab und werden uns wertvolle Informationen liefern, um die Störung zu charakterisieren und kurzfristige Auswirkungen auf die Sauerstoffverteilung und -flüsse zu dokumentieren. Wir sind sehr daran interessiert, diese Ergebnisse mit Modellierungsvorhersagen über die Auswirkungen der Entfernung der aktiven Oberflächenschicht und der Ablagerung von sauerstoffreichen Sedimenten aus der Suspensionsfahne zu vergleichen.

Das Labor, in dem die Sauerstoffsonden für die Arbeit in 4 km Wassertiefe vorbereitet werdenDas Labor, in dem die Sauerstoffsonden für die Arbeit in 4 km Wassertiefe vorbereitet werden Quelle: Batuhan Yapan

Der Titel dieses langen Beitrags lautet "Mikroben sind überall, so wie wir" - nur für den Fall, dass Sie geduldig genug waren, bis hierher zu lesen, und den Titel vergessen haben. Als ich mich dafür entschied, dachte ich über die harte Arbeit unseres Mikrobiologie-Teams an Bord nach, und über den Zeitdruck, Proben aus jedem Bereich und von jedem Geräteeinsatz zu nehmen. Als ich etwas intensiver darüber nachdachte, fiel mir auf, dass wir, die Menschheit, dank der Mikroben hier sind. Sie sind überall und sie bewohnen diesen Planeten seit Milliarden von Jahren. Sie sind die Organismen, die ihn als auch für uns bewohnbaren Planeten erhalten, einen einzigartigen (soweit wir wissen) in einem unendlich großen Universum. Und genau wie die Mikroben sind auch wir Menschen auf dem Weg, überall zu sein; wir brauchen dafür immer mehr Ressourcen. Es sieht so aus, als ob der Tiefseebergbau unsere nächste Quelle für diese Rohstoffe ist, aber wir müssen vorsichtig sein und unsere Auswirkungen auf das Ökosystem sorgfältig beobachten, und wir sollten uns nur das nehmen, was wir mit minimalen negativen Auswirkungen brauchen. Wenn wir unserer Gier zu sehr nachgeben, werden wir eine der ersten Spezies sein, die von diesem Planeten hinweggefegt werden. Mikroben? Um die mache ich mir keine allzu großen Sorgen; sie werden überleben und weiterhin überall sein, so wie es in dem Zitat aus Kurt Vonneguts "Galapagos" heißt: "Die Wahrheit ist, dass die siegreichsten Organismen des Planeten immer mikroskopisch klein gewesen sind. Gab es in all den Begegnungen zwischen Davids und Goliaths jemals eine Zeit, in der Goliath gewonnen hat"?

Ab hier wird Gabriella Euch an die Grenzen des Lebendigen bringen und über den Erzfeind des Lebens berichten! VIREN!

Batuhan Cagri Yapan
Doktorand am Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie, Bremen

Die perfekten Tiefsee-"Gentlemen"-Killer

Ja, es stimmt, Bakterien und Archaeen gibt es überall, und sie werden überleben, egal was passiert. Als Davids sind sie harte Kerle. Aber, würdet Ihr mir glauben, wenn ich Euch sage, dass die Tiefsee, wie auch jedes andere Ökosystem auf der Erde, organische Strukturen beherbergt, die noch kleiner als Mikroben sind und deren einziger Zweck es ist, die Gewinner, die "Davids" zu töten? VIREN! Sie sind die geborenen Killer. Viren sind überall dort, wo Leben ist. Gerade jetzt hat jeder erfahren, wie groß der Einfluss dieser winzigen Einheiten aus Proteinen und Nukleinsäuren auf die globale Menschheit sein kann... In diesem Fall gibt es jedoch keinen Grund zur Sorge. Soweit wir wissen, sind Tiefseeviren keine Gefahr für uns Menschen, ihre bevorzugten Wirte sind Bakterien und Archaeen.

Wie gesagt, diese faszinierenden Partikel sind viel kleiner als Bakterien (zwischen 20 und 250-400 Nanometer), aber 10- bis 100-mal häufiger. Nur um es Euch mal vor Augen zu führen, stellt Euch den Himmel in der dunkelsten aller Nächte vor, ohne Wolken und mit hellen Sternen, so weit Eure Augen sehen können. Nun, Viren im Ozean sind sogar noch zahlreicher als all diese Sterne und, wenn Eure Fantasie groß genug ist, könnt Ihr Euch vorstellen, dass alle Viren, die im Ozean vorhanden sind, sich aneinandergereiht weiter erstrecken würden als die nächsten 60 Galaxien.

Jetzt denkt Ihr alle: "Wow, Viren sind cool!", nicht wahr? Aber sie sind nicht einmal lebende Organismen, sie können nicht "essen", sich nicht "vermehren", sie können nicht einmal "sterben". Stellt Euch einfach eine Proteinhülle (das Kapsid) vor, die das virale genetische Material (virale DNA oder RNA) umschließt, das alle Informationen enthält, die das Virus braucht, um sich zu vervielfältigen und sich innerhalb des zellulären Wirts neu zusammenzusetzen, das ist mehr oder weniger ein Virus, so einfach ist das! Die am häufigsten vorkommenden und fittesten Mikroben sind die ersten, die infiziert werden. Und einmal infiziert, haben diese bakteriellen (oder archaealen) Zellen nur eine kleine Chance zu überleben. Stattdessen enden sie in der Regel als "zelluläre Trümmersuppe", natürlich zusammen neuem viralen Nachwuchs. Eine köstliche Suppe würde ich sagen. In der Tat ist in Tiefseesedimenten die Menge an organischen Ressourcen extrem gering und die Reste, die übrigbleiben, wenn fast alles organische Material aufgezehrt ist, besteht aus äußerst schwer abbaubaren organischen Verbindungen. Daher kann der nach der viralen Lyse freigesetzte Zellinhalt als nährstoffreiche Nahrung angesehen werden, die von nicht infizierten Zellen aufgenommen werden kann, ein Prozess, der als "viral shunt" bezeichnet wird. Mit anderen Worten: Indem sie ihre Wirte abtöten, liefern Viren eine köstliche italienische Lasagne für die hungernden Mikroorganismen, die die Tiefseesedimente bewohnen: Sehen wir sie also als den Robin Hood der Tiefsee, allerdings ohne romantische Absichten!

Viren haben viele Zellen auf dem Gewissen. Sie sind für den Abbau von 80 % der prokaryotischen Zellen in Tiefseesedimenten verantwortlich (ich habe Euch gesagt, sie sind perfekte Killer), wodurch im globalen Maßstab 0,37 bis 0,63 Milliarden Tonnen Kohlenstoff pro Jahr freigesetzt werden. Dieser Prozess kann etwa 35% zum gesamten benthischen prokaryotischen Stoffwechsel in Tiefseesedimenten beitragen. Ich würde sagen, Viren sind nicht nur cool, sondern auch wichtig für Tiefsee-Ökosysteme. Tatsächlich können Virusinfektionen sowohl die Menge der Mikroben (durch deren Abtötung) als auch deren Stoffwechsel (durch die Stimulierung des mikrobiellen Wachstums mit leckerer kostenloser Nahrung) kontrollieren.

Wie Batu bereits erwähnt hat, könnten wir eines Tages die Metallressourcen der Tiefsee tatsächlich brauchen; so bedauernswert das auch sein mag, es könnte die Zukunft sein. Allerdings ist es zwingend erforderlich, diese Ressourcen auf verantwortungsvolle Weise abzubauen und damit wir wissen, wie das möglich sein kann, brauchen wir die wissenschaftliche Erforschung der Umweltauswirkungen. Jetzt ist die Gelegenheit, dies ist DIE Expedition, die es uns zum ersten Mal erlaubt, die Folgen eines Tiefseebergbaus in industrienahem Maßstab zu untersuchen, bevor er stattfindet. Als Forschungsteam an der Polytechnischen Universität von Marken in Ancona (Italien) untersuchen wir weltweit Tiefseesedimente, um Virus-Wirt-Interaktionen, die Bedeutung der Viren für das Funktionieren des Ökosystems und die vom Menschen verursachten Auswirkungen auf dieses extreme Ökosystem zu untersuchen. Die Fragen, die wir hier beantworten möchten, sind einfach aber knifflig: Wie kommen Viren mit einem gestörten Meeresboden zurecht? Und wenn Viren für das Funktionieren von Tiefsee-Ökosystemen wichtig sind, welche Folgen hat es für die Tiefsee, wenn sich die Virus-Wirt-Dynamik nach einem Abbau verändert? Darauf haben wir bisher noch keine Antworten. Mein Ziel an Bord ist es, die von uns gesammelten Proben zu untersuchen, um diese Fragen zu beantworten. Wie ich das mache? Nun, ich entnehme Sedimentproben des Meeresbodens aus dem Multicorer und schneide sie in Scheiben unterschiedlicher Dicke, um die Virushäufigkeit in jeder Schicht des Kerns von oben nach unten zu untersuchen. Die Messung der Virenhäufigkeit allein ist jedoch nicht sinnvoll, um die virale Dynamik in den Sedimenten zu bestimmen. Um die Auswirkungen der Viren auf ihre Wirte abzuschätzen und die Rolle des "viral shunts" in benthischen Nahrungsnetzen und im Kohlenstoffkreislauf zu verstehen, führe ich auch Analysen der Virusproduktion durch (d.h. wie viele Viren pro Gramm Sediment und Stunde produziert werden). Insgesamt sollen die Ergebnisse uns dabei helfen, zu verstehen, wie der Tiefseebergbau die Interaktionen zwischen Viren und Prokaryoten verändern kann und welche Auswirkungen dies auf die Funktionsweise des Ökosystems hat.

Unsere Mikrobiologiegruppe an Bord. Von links nach rechts: Massimiliano Molari, Batuhan Yapan, Felix Janßen, Duygu Sevilgen, Jakob Barz, Gabriella LuongoUnsere Mikrobiologiegruppe an Bord. Von links nach rechts: Massimiliano Molari, Batuhan Yapan, Felix Janßen, Duygu Sevilgen, Jakob Barz, Gabriella Luongo Quelle: Nils Maschmann



Gabriella Luongo
Doktorandin an der Polytechnischen Universität von Marken, Ancona, Italien


MiningImpact-Fahrt-Tagebuch, 04.05.2021

Blog #10: Das AUV der MANGAN 2021-Expedition: Was für ein Biest!

Die Sensoren sind auf dem Meeresboden, Patania II fährt eine Schleife, aber wie können wir in Echtzeit sehen, was da passiert? Mando erledigt den Job für uns! Das Hugin Autonomous Underwater Vehicle (Autonomes Unterwasserfahrzeug, AUV), das wir an Bord der MANGAN 2021-Expedition haben und das wir liebevoll Mando nennen, ist in der Lage, mehrere Tage lang (in unserem Fall bis zu 90 Stunden) unabhängig vom Schiff kilometerweit in Wassertiefen bis zu 6 km zu fliegen und dabei eine Vielzahl verschiedener Sensoren mitzuführen.

Glückliche Wissenschaftler im AUV-Hangar am Heck der ISLAND PRIDE (von links nach rechts: Jochen Mohrmann, Iason-Zois Gazis, Karl Heger)Glückliche Wissenschaftler im AUV-Hangar am Heck der ISLAND PRIDE (von links nach rechts: Jochen Mohrmann, Iason-Zois Gazis, Karl Heger) Quelle: Jochen Mohrmann

Mando ist bereit für seinen ersten Einsatz während der Expedition MANGAN 2021

Mando zurück an der Wasseroberfläche nach einem 60 Stunden langem Tauchgang

Mando ist bereit für seinen ersten Einsatz während der Expedition MANGAN 2021 (links). Zurück an der Wasseroberfläche nach einem 60 Stunden langem Tauchgang (rechts)
Quelle: Iason-Zois Gazis

Einer davon ist der optische Trübungssensor WetLab FLNTU, der uns in Echtzeit wertvolle Informationen über die Partikelkonzentration der Suspensionsfahne, die der Kollektor erzeugt, und ihre Ausbreitung liefert. Wir kombinieren diese Informationen mit den Daten des Fächerecholots, insbesondere mit dem Echosignal der Partikel im Wasser. Je höher die Signalstärke - desto mehr Sediment ist im Wasser. Indem Mando in verschiedenen Höhen über dem Meeresboden (5, 10, 30, 50 m) kreisförmig um das Testgebiet fliegt, bekommen wir eine Vorstellung von der zeitlichen und räumlichen Entwicklung der Fahne. Nachdem Patania II seine Arbeit beendet hat, zieht Mando weiter, um Daten in weiter entfernten Gebieten zu sammeln. Diese Informationen werden uns zeigen, wie schnell sich die Suspensionsfahne in Entfernungen von bis zu 5 km von der Abbaustelle entfernt bewegt.

Die aufgewirbelten Sedimente setzen sich nach einer Weile wieder auf dem Meeresboden ab und bedecken die Knollen. Mando führt deshalb zwei Fotokartierungen durch: Bevor Patania II überhaupt den Meeresboden berührt hat, war Mando vor Ort und hat ein hochauflösendes Fotomosaik erstellt. Und nach dem Test, als die Knollen und das oberste Sediment entfernt wurden, hat das AUV ein zweites Fotomosaik aufgenommen. Der Vergleich dieser beiden Fotomosaikkarten wird uns nach einer umfangreichen und detaillierten Auswertung die Ausdehnung und das Ausmaß dieser Überdeckung in Zentimeterauflösung zeigen. Auch wenn dies nach einer einfachen Aufgabe klingt, wurde diese Mission durch einige Faktoren erschwert: Die Navigation muss bei einem Abstand von 5 Meter zum Meeresboden supergenau sein. Während wir die Kartierung durchführen, finden von zwei Schiffen aus gleichzeitig andere Untersuchungen und Probenahmen statt, so, dass wir auf mögliche Kollisionen sofort reagieren müssen. Wir waren es bislang gewohnt, dass eine AUV-Mission vollständig vordefiniert ist. Jetzt nutzen wir die neuen Fähigkeiten, die das HUGIN AUV bietet - das Ändern von Plänen während einer Mission durch akustische Kommunikation mit dem Gerät vom Schiff aus - sehr intensiv, zum Beispiel, um die Orte von neu verankerten Geräten sowie CTD- und Tauchroboter (ROV)-Einsätzen zu umgehen. Ein ziemlich anstrengender 4D-Hindernisparcours!

Foto des AUV im Testgebiet vor dem AbbautestFoto des AUV im Testgebiet vor dem Abbautest Quelle: GSR

Wenn wir nach der Mission die Daten auslesen, haben wir zunächst nur Punktdaten in einem mehrdimensionalen Raum. Das vollständige Bild wird erst sichtbar, wenn die Daten in ein Modell der Suspensionsfahne integriert werden. Und damit ein solches Modell richtig funktioniert, brauchen wir hochgenaue topographische Daten. Eine weitere Aufgabe, für die unser Mando mit dem integrierten Fächerecholot und Seitensichtsonar perfekt ausgestattet ist. Es ermöglicht uns die Kartierung der Bathymetrie (Wassertiefenmessung: entspricht dem Relief des Meeresbodens) mit einer Auflösung von 1 Meter für das Gesamtgebiet mit der Umgebung des Testgebietes und einer höher aufgelösten Karte für das direkt betroffene Testgebiet selbst.

Hochauflösende bathymetrische Karte der Umgebung des Testgebietes, die mit dem AUV Mando aufgenommen wurde, auf einer geringer aufgelösten Karte, die durch eine schiffsbasierte Vermessung in 2019 mit dem Forschungsschiff SONNE durchgeführt wurde (SO268).Hochauflösende bathymetrische Karte der Umgebung des Testgebietes, die mit dem AUV Mando aufgenommen wurde, auf einer geringer aufgelösten Karte, die durch eine schiffsbasierte Vermessung in 2019 mit dem Forschungsschiff SONNE durchgeführt wurde (SO268). Quelle: Hochauflösende Bathymetrie: GSR; schiffsbasierte Vermessung: Miningimpact, SO268

Aber Mandos Fähigkeiten sind damit noch nicht ausgeschöpft. Wir nutzten sein ebenfalls eingebautes Sub-Bottom-Profiling (SBP)-Modul, einem Echolot, das akustisch in das Sediment eindringt, um unter die Meeresbodenoberfläche zu schauen und dort verschiedene Sedimentschichten zu erkennen.

Insgesamt verbrachte Mando bislang während unserer Expedition 260 Stunden knapp über dem Meeresboden und sammelte dabei unermüdlich Terrabytes an Daten, die wir nun auswerten müssen. Vielen Dank, Mando!

Grüße von Bord der ISLAND PRIDE,

Iason-Zois Gazis, Jochen Mohrmann, Karl Heger

MiningImpact-Fahrt-Tagebuch, 30.04.2021

Blog #9: Die Jagd auf Seegurken

Stellt euch vor, ihr sitzt in einem großen, dunklen Raum mit vielen Bildschirmen an der Wand. Im vorderen Teil befindet sich ein Bedienfeld, ähnlich den Bedienfeldern in Science-Fiction-Filmen und zwei Stühle für die Piloten. Dahinter ist eine weitere Reihe von Stühlen für uns Wissenschaftler. Dies ist der ROV-Kontrollraum, in dem das so genannte Remotely Operated Vehicle (ROV), eine Art Tiefseeroboter, betrieben wird. Gesteuert von zwei Piloten kann dieses ROV bis zu den Abyssal Plains der Tiefsee auf 4.500 m tauchen, wo der Druck für jeden menschlichen Taucher zu hoch ist. Trotzdem kann man auf den Bildschirmen eine Menge Leben am Meeresboden beobachten. Die Tiere, die man sehen kann, sind mehrere Zentimeter groß und bestehen hauptsächlich aus Fischen und wirbellosen Tieren.

Bedienfelder und Bildschirme im ROV-BetriebsraumBedienfelder und Bildschirme im ROV-Betriebsraum Quelle: Sven Rossel

Während dieser Forschungsfahrt wollen wir untersuchen, wie diese verschiedenen Tiere von der Sedimentwolke beeinflusst werden, die Patania II erzeugt, während sie die Manganknollen sammelt. Unsere Kollegen zu Hause in Portugal und in Belgien konzentrieren sich bei ihren Untersuchungen auf bestimmte Tiere und gaben uns deshalb Listen, welche Tiere sie gerne erforschen würden. Daher versuchen wir während der ROV-Tauchgänge Schlangensterne, Seegurken, Seeanemonen und Weichkorallen zu sammeln.

Bild des Meeresbodens im belgischen Lizenzgebiet, aufgenommen mit einem autonomen Unterwasserfahrzeug (AUV). Die Buchstaben gehören zu den folgenden Tieren: A) Fisch, B) Seegurke der Familie Mesothuriidae, C) Springkrebse, D) Schlangenstern, E) SeeanemoneBild des Meeresbodens im belgischen Lizenzgebiet, aufgenommen mit einem autonomen Unterwasserfahrzeug (AUV). Die Buchstaben gehören zu den folgenden Tieren: A) Fisch, B) Seegurke der Familie Mesothuriidae, C) Springkrebse, D) Schlangenstern, E) Seeanemone Quelle: GSR

Heute jagen wir Seegurken. Seegurken können schwimmen, so dass wir die sogenannte "Suction Pump" oder "Slurp Gun" verwenden. Dieses Werkzeug funktioniert ähnlich wie ein Staubsauger. Man kann die ganze Seegurke aufsaugen, so wie man zu Hause eine große Spinne aufsaugen würde, falls man Angst vor Spinnen hat. Die Seegurke wird anschließend in einer Kammer im ROV aufbewahrt und man kann sie wieder herausholen, wenn das ROV an Deck ist. So sollte es eigentlich funktionieren, aber heute ist die Seegurke richtig dick. Sie passt einfach nicht durch die Öffnung der Slurp Gun. Die ROV-Piloten drehen die Öffnung der Slurp Gun vorsichtig über die Biobox, so heißt eine große Box in der Schublade des ROV, in der biologische Proben gelagert werden können. Wenn die Piloten die Slurp Gun ausschalten, sinkt die Seegurke langsam nach unten in die Biobox. Erfolgreicher Fang! Aber für eine valide wissenschaftliche Studie brauchen wir mehr Exemplare; also geht die Jagd weiter.

Hier im belgischen Lizenzgebiet der Clarion-Clipperton-Fracture Zone besteht der Großteil der wirbellosen Megafauna aus Seeanemonen und Seegurken, aber wir haben auch schon Seesterne, Schlangensterne, Seeigel, Weichkorallen und Schwämme beobachtet. Die meisten dieser Tiere haben unterschiedliche Lebensstile. Seesterne sind oft Raubtiere und jagen andere Tiere. Im Vergleich dazu sind Schlangensterne und Seegurken Detritusfresser, das heißt sie ernähren sich vom Sediment und von der organischen Substanz in diesem Sediment, und Seeigel ernähren sich mehr oder weniger von allem, was sie finden. Alle diese Tiere sind mobil, können sich also bewegen. Es gibt aber auch Tiere, die sessil sind, das heißt sie sitzen an den Manganknollen fest. Zu diesen Tieren gehören Seeanemonen und Weichkorallen, aber auch Schwämme.

Seeigel in einem ProbengefäßSeeigel in einem Probengefäß Quelle: Nils Maschmann

Die nächsten Tiere, die wir durch die Kamera im tiefen Blau sehen, sind ein Schlangenstern und eine Seeanemone. Auch diese stehen ganz oben auf unserer Prioritätenliste! Für Schlangensterne ist das Schlürfen allerdings nicht die beste Option. Stattdessen benutzt der ROV-Pilot den Manipulatorarm des ROV und nimmt das Tier ganz vorsichtig in die Kralle des Roboters.

Schlangenstern in einem KastengreiferSchlangenstern in einem Kastengreifer Quelle: Nils Maschmann

Seeanemonen und Weichkorallen lassen sich am besten von Manganknollen abkratzen und in die Biobox überführen. So versuchen wir, die Seeanemone vorsichtig einzusammeln. Sie will nicht losgehen, zieht sich nur zu einem kleinen, weißen Ball zusammen und klebt an ihrer Manganknolle. Unser Versuch, das Tier zu beproben, erzeugt eine Wolke aus weichem Sediment, die die Seeanemone, die Knolle und den Meeresboden verdeckt. Wenn das Abkratzen der Tiere vom Hartsubstrat nicht funktioniert, kann man normalerweise auch die ganze Knolle, an der die Seeanemone oder die Weichkoralle klebt, einsammeln und in der Biobox aufbewahren. Wir entscheiden uns jedoch, die Seeanemone stehen zu lassen und ein anderes Tier zu jagen, anstatt zu warten, bis sich unsere Sedimentwolke gesetzt hat. Glück für die Seeanemone!

Grüße von Bord der ISLAND PRIDE,

Tanja Stratmann (Universität Utrecht, NL/ Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie, D)

MiningImpact-Fahrt-Tagebuch, 30.04.2021

Blog #8: Der Ruderfußkrebs im Matschhaufen

Große Tiere erkennt man sofort. Aber neben den größeren und kleineren Tieren, der Mega- und Makrofauna, gibt es noch die ganz kleinen Tiere, die sogenannte Meiofauna. Sie bleibt den meisten Menschen zwar stets verborgen, dennoch spielen sie eine wichtige Rolle im Ökosystem und müssen deswegen natürlich bei unseren Untersuchungen berücksichtigt werden. Durch ihre geringe Größe gleicht das Arbeiten mit diesen Tieren aber häufig der sprichwörtlichen Suche nach der Nadel im Heuhaufen, denn diese winzigen Tiere verbringen ihr Leben im Meeresboden. Und wenn wir sie dort zwischen den Sandkörnern suchen, kann das durchaus alte Sandkastenerinnerungen wachrufen.

Während man Megafauna leicht mit Kameras erfassen kann und Makrofauna zumindest mit dem bloßen Auge noch wahrzunehmen ist, reden wir bei der Meiofauna von mikroskopisch kleinen Lebewesen mit einer Größe zwischen 32µm und einem Millimeter. Das führt leider dazu, dass wir uns an Bord nur indirekt auf die Suche nach ihnen machen können, indem wir ihren Lebensraum, das Tiefseesediment, einpacken und mit in unsere Heimatinstitute nehmen, um die Tiere dort zu untersuchen. An Bord sieht es dadurch für Unbeteiligte oft danach aus, als würden wir die ganze Zeit nur mit Matsch spielen und wir dürfen uns so manchen „lustigen“ Spruch anhören.

Konfokal-Laser-Scanning Mikroskopie Aufnahmen verschiedener Ruderfußkrebsarten aus dem Sediment des Untersuchungsgebietes. Der Maßstab gibt für alle Tiere 50 µm anKonfokal-Laser-Scanning Mikroskopie Aufnahmen verschiedener Ruderfußkrebsarten aus dem Sediment des Untersuchungsgebietes. Der Maßstab gibt für alle Tiere 50 µm an Quelle: Katja Uhlenkott



Fangen wir aber mal damit an, wie wir unsere Proben bekommen. Unser Gerät für die Probennahme ist der Multicorer (MUC). Er ist ausgestattet mit 20 Rohren, die nach über zwei Stunden Abstieg in 4500m Tiefe durch das tonnenschwere Eigengewicht des MUCs ins Sediment getrieben werden. Nach kurzer Zeit wird der MUC dann wieder aus dem Meeresboden gezogen, Deckel klappen automatisch von oben und unten zu und verschließen die Rohre, um die Proben zu sichern. Diese machen sich nun auf den zweistündigen Rückweg an die Meeresoberfläche, wo sie bereits sehnsüchtig erwartet werden. Das Ausbringen und Einholen der Großgeräte auf Expedition zählt zu den actionreicheren Aufgaben im Leben eines Biologen: Verbringt man sonst einen Großteil der Zeit am Mikroskop, dem Rechner oder im Labor, darf man endlich mal richtig mit anpacken, und bei der Arbeit an der Bordkante schwingt ein Hauch von Gefahr mit, die den Puls nach oben treibt.

Der Multicorer nachdem er aus der Tiefe wieder an Bord geholt wird. Die Rohre sind etwa zur Hälfte mit Sediment gefüllt. Darüber liegt das Wasser, das er aus der Tiefe mit an die Oberfläche gebracht hatDer Multicorer nachdem er aus der Tiefe wieder an Bord geholt wird. Die Rohre sind etwa zur Hälfte mit Sediment gefüllt. Darüber liegt das Wasser, das er aus der Tiefe mit an die Oberfläche gebracht hat Quelle: Nils Maschmann

Ist der MUC zurück auf Deck, bleibt aber keine Zeit sich zu beruhigen. Jetzt entbrennt nämlich der Kampf um die besten Proben. So manches Mal gleicht es einem Mexican Standoff: Wer zuerst nachgibt, zieht den Kürzeren und muss sich mit einer nicht ganz perfekten Probe zufrieden geben. Nicht selten haben schon übereilige Wissenschaftler versucht, sich eine Probe zu schnappen und damit davon zu eilen, nur um kurz vor dem Labor dann doch von den anderen gestoppt zu werden. Auf dieser Fahrt haben wir uns zum Glück vor der Probennahme geeinigt, wer welche Rohre des MUCs erhält, sodass man sich auch mit weniger guten Proben zufrieden gibt, um den Frieden zu wahren. Leer geht aber in der Regel niemand aus. Hatte man Pech bei der „blinden“ Probenvergabe, so findet sich immer jemand, der sich bereit erklärt, eine Probe zu teilen oder darauf zu verzichten. Die MUC-Proben sind sehr gefragt, denn nicht nur wir Meiofauna-Forscher interessieren uns dafür, sondern auch die Geochemiker und Mikrobiologen, sodass immer alle hoffen, dass möglichst alle Proben unversehrt das Schiff erreichen.

Sind die Proben verteilt, beginnt das große Schlachten. So nennen wir die Bearbeitung der mit Bodenwasser und Tiefseesediment gefüllten Rohre, und das läuft je nach Interessensgebiet mehr oder weniger gesittet ab. Während die Geochemiker beispielsweise Zentimeter für Zentimeter des Bohrkerns abtragen und jedes Mal mehrere Proben nehmen, sind wir Meiofauna-Forscher ein wenig grobschlächtiger und nehmen direkt die oberen 5cm als Ganzes ab. Hier ist der Großteil unserer Tiere zu Hause, denn hier ist noch ausreichend Nahrung vorhanden. In den tieferen Schichten ist Leben in unserer Größenklasse nur noch selten zu finden. Aber selbst das Einpacken der obersten fünf Zentimeter endet häufig damit, dass wir von oben bis unten mit Tiefseesediment vollgeschmiert sind und uns in Sandkastenzeiten zurückversetzt fühlen. Aber mehr als das Sediment für den Transport nach Hause einzupacken, können wir an Bord leider nicht mit unseren Proben machen. Die Tiere müssen durch eine große Zentrifuge vom Sediment getrennt und unter dem Mikroskop sortiert werden. Was bei der Makrofauna noch einigermaßen möglich ist, wird bei der Meiofauna ein Kampf gegen die Schiffsbewegung und die eigene Seefestigkeit.

Die Schlachtung eines Sedimentkerns sorgt in aller Regel dafür, dass der bearbeitende Wissenschaftler von oben bis unten mit Schlamm bedeckt istDie Schlachtung eines Sedimentkerns sorgt in aller Regel dafür, dass der bearbeitende Wissenschaftler von oben bis unten mit Schlamm bedeckt ist Quelle: Carsten Rühlemann

Die Meiofauna wird von zwei Großgruppen dominiert. Zum einen sind dort die Fadenwürmer (Nematoda) als häufigste Gruppe und die Ruderfußkrebse (Copepoda) als zweithäufigste Gruppe zu finden. Der Begriff häufig ist dabei keineswegs übertrieben, denn eine Sedimentprobe, die ein 1 Liter Probengefäß nur etwa zur Hälfte ausfüllt, kann tausende Nematoda und hunderte Ruderfußkrebse enthalten. Diese schiere Menge macht die Analyse der Lebensgemeinschaften der Meiofauna schwierig und vor allem zeitaufwendig, denn alle Tiere müssen gezählt und identifiziert werden. Neben einer ausgeprägten Artenkenntnis bedarf es hierfür sehr viel Zeit. Nichtsdestotrotz sind diese Organismen ein wichtiger Teil des Ökosystems, und auch ihr Lebensraum würde durch Tiefseebergbau verändert werden. Deshalb untersuchen wir die Meiofauna-Gemeinschaften aus dem Tiefseeschlamm trotz des großen Aufwandes und versuchen so viel wie möglich über sie herauszufinden. Mit einem möglichen Tiefseebergbau im Hinterkopf interessiert uns auch besonders, ob es andere Gebiete gibt, aus denen die Tiere ihren zerstörten Lebensraum wieder kolonialisieren könnten.

Grüße von Bord der ISLAND PRIDE,

Sven Rossel

MiningImpact-Fahrt-Tagebuch, 29.04.2021

Blog #7: Greenpeace passt auf

Seit Beginn unserer Forschungskampagne bis zum vergangenen Samstag begleitete Greenpeace den Kollektortest. Die RAINBOW WARRIOR hielt sich immer in der Nähe des von GSR gecharterten Schiffs NORMAND ENERGY auf, um das Geschehen zu beobachten, auch wenn es hier oben meist nicht viel zu sehen gibt, denn der Test findet ja 4,5 Kilometer unter unseren Füßen statt. Dass sich Greenpeace gegen Tiefseebergbau positioniert, ist wenig verwunderlich und es ist angemessen, dass die Umweltorganisation – so wie andere NGOs auch – auf die Risiken hinweist, die mit einem zukünftigen Abbau verbunden sind. Greenpeace hat dazu in den vergangenen Monaten und Jahren mehrfach Informationen über Umweltauswirkungen beim Tiefseebergbau herausgegeben.

Dabei stützen sie sich auf Forschungsarbeiten, die weltweit durchgeführt werden, auch auf die Erkenntnisse von hier an Bord der ISLAND PRIDE arbeitenden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Sie betonen dabei oft, dass nahezu nichts über die Auswirkungen bekannt ist. Die Schlussfolgerung kann dann eigentlich nur sein, dass die Anstrengungen intensiviert werden müssen, zu verstehen, was geschieht, wenn Manganknollen abgebaut werden. Dies ist wichtig, da die Internationale Meeresbodenbehörde derzeit die Vorschriften für den Abbau mineralischer Rohstoffe vom Meeresboden erarbeitet, die höchstmögliche Umweltstandards enthalten sollten.

Unabhängige wissenschaftliche Begleitforschung zu industriellen Abbautests ist ein adäquater und transparenter Weg, um die notwendigen Informationen über die Umweltauswirkungen zu erhalten. Deshalb wundern wir uns darüber, dass Greenpeace unsere Anwesenheit vor Ort in ihrer begleitenden Medienkampagne völlig verschweigt. Stattdessen haben sie vergangenen Donnerstag selber Beweise für eine "significant disturbance", also eine erhebliche Störung des Ökosystems am Meeresboden vorgelegt. Die Aktivisten hatten in der Tat im Vorfeld angekündigt, entsprechende Belege präsentieren zu wollen und wir hatten uns bereits gefragt, wie sie das bewerkstelligen werden, denn die Technik für Messungen und Beobachtungen in der Tiefsee bei einem Druck von 450 Bar ist ausgesprochen teuer und aufwändig und beansprucht enorm viel Platz auf dem Schiff, ganz zu schweigen von den vielen Tonnen schweren Winden, die benötigt werden, um die Geräte zum Meeresboden hinabzulassen und wieder an Bord zu holen.

Die NORMAND ENERGY beim Aussetzen des Manganknollenkollektors Patania II wird von Greenpeace-Aktivisten auf der RAINBOW WARRIOR links im Hintergrund beobachtetDie NORMAND ENERGY beim Aussetzen des Manganknollenkollektors Patania II wird von Greenpeace-Aktivisten auf der RAINBOW WARRIOR links im Hintergrund beobachtet Quelle: Mirja Bardenhagen



Nun hat Greenpeace Neuseeland in einer Presseerklärung mitgeteilt, dass sie beobachtet haben, wie der Manganknollenkollektor wiederholt ins Wasser gelassen wurde und wieder hochkam, umgeben von einer großen Sedimentwolke, als er hinausgezogen wurde. Dies deuten sie als erhebliche Störung. Nun, alles, was den Meeresboden berührt, kommt mit Sediment an den Füßen wieder nach oben. Das gilt zum Beispiel auch für unsere wissenschaftlichen Instrumente, die mit Sicherheit keine erheblichen Umweltstörungen verursachen. Der Schlamm des Meeresbodens ist schlichtweg so bindig, dass er auch auf dem weiten, mehrere Stunden langen Weg an die Meeresoberfläche an den Geräten haften bleibt. Das gilt auch für das Fahrwerk der Patania II. Beim Einholen an Deck tropft dann das Sediment zurück ins Wasser und hinterlässt die braune Wolke, die Greenpeace beobachtet hat. Sie ist jedoch aufgrund der kleinen Menge unproblematisch und kein Beweis für signifikante Umweltstörungen. Eine Störung am Meeresboden hat aber in der Tat stattgefunden und genau das war das Ziel.

Fotos des Meeresbodens außerhalb des Testgebiets mit dem Tauchroboter HD14 vor (links) und nach (rechts) dem Kollektortest. Deutlich zu sehen ist eine Sedimentschicht, die sich auf den zuvor gut sichtbaren Manganknollen abgelagert hatFotos des Meeresbodens außerhalb des Testgebiets mit dem Tauchroboter HD14 vor (links) und nach (rechts) dem Kollektortest. Deutlich zu sehen ist eine Sedimentschicht, die sich auf den zuvor gut sichtbaren Manganknollen abgelagert hat Quelle: BGR

Wir wollen verstehen, welche Auswirkungen ein möglicher zukünftiger Abbau auf die Umwelt hat. Bisherige Versuche dazu in den letzten Jahrzehnten waren zu kleinskalig bezüglich einer zusammenhängenden gestörten Meeresbodenfläche und der dabei erzeugten Suspensionswolke. GSR bietet uns mit ihrem Test zum ersten Mal die Möglichkeit, diese Auswirkungen unter industrienahen Bedingungen zu untersuchen, denn der Kollektor mit einer Größe von 1:4 des geplanten zukünftigen Maßstabs hat ein Feld von etwa 200 x 300 Meter befahren. Dort hat Patania II die Knollen eingesammelt und mit ihnen auch das Sediment, das dann wieder in das Bodenwasser ausgestoßen wurde und die Sedimentwolke erzeugt hat, die wir ausgesprochen gründlich beobachten und verfolgen. Lesen Sie dazu in unserem Blog den Beitrag "Wir fischen im Trüben" des Plume-Sensor-Teams. Unsere vorläufigen Beobachtungen zeigen, dass die von Patania II erzeugte Sedimentwolke auf das Bodenwasser in der Nähe des Meeresbodens beschränkt ist, ungefähr auf die unteren 30 Meter - die genaue Höhe und Partikelkonzentrationen sowie die Ausbreitung werden wir bestimmen können, wenn wir all unsere Messinstrumente vom Meeresboden zurückgeholt und die Daten ausgewertet haben.

Jolien Goossens für die Universität Gent und Massimiliano Molari vom Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie aus Bremen entnehmen Proben aus dem KranzwasserschöpferJolien Goossens für die Universität Gent und Massimiliano Molari vom Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie aus Bremen entnehmen Proben aus dem Kranzwasserschöpfer. Mit diesem Gerät gewinnen wir Wasserproben aus 4500 Metern Wassertiefe für geochemische und mikrobiologische Untersuchungen. Neben den Wasserbehältern ist eine Vielzahl verschiedener Sensoren am Gestell angebracht um die chemischen und physikalischen Eigenschaften des Wassers zu bestimmen und Trübung sowie Strömungsgeschwindigkeiten zu messen Quelle: Carsten Rühlemann

Wir arbeiten nach bester wissenschaftlicher Praxis und werden alle Daten und wissenschaftlichen Erkenntnisse nach sorgfältiger Auswertung in Datenbanken und nach Begutachtung im Peer-Review-Verfahren in Fachzeitschriften veröffentlichen. Dazu gehören auch die Bilder vom Meeresboden, deren sofortige Herausgabe Greenpeace in seiner Pressemitteilung von GSR fordert. Die Bilder allein sagen uns allerdings nicht viel. Man sieht darauf nur, dass die Knollen weg sind, erkennt die Fahrspuren des Kollektors und kann abschätzen, wie weit die Bodenströmung die wiederabgelagerten Sedimente getragen hat. Entscheidend ist aber langfristig gesehen nicht, wie es dort unten aussieht, sondern wie Ökosystemfunktionen und -struktur, Biodiversität und Artenkonnektivität betroffen sind und ob sowie welche Bewohner der Tiefsee sich in den gestörten Flächen wieder ansiedeln können. Dazu ist die Entnahme von Proben notwendig, verbunden mit aufwändigen Laboranalysen und einer anschließenden Auswertung der geochemischen und (mikro)biologischen Daten. Das dauert viele Monate. Auch reicht es nicht, dort einmal Proben zu nehmen. Stattdessen werden wir in den kommenden Jahren mehrfach zurückkehren und die Beprobung wiederholen, um die Reaktion des Tiefseeökosystems auf die Störung sowie Art und Geschwindigkeit der Wiederbesiedlung zu verstehen. Aus früheren kleinräumigen Experimenten wissen wir bereits, dass Störungen in der Tiefsee langlebig sind. Aber welche Schwellenwerte müssen für den industriellen Abbau definiert werden, um signifikante Schäden für die Umwelt zu vermeiden? Was sind Indikatoren für eine gute Gesundheit des Ökosystems in der Tiefsee und was sind die Kriterien für die Ausweisung geeigneter Meeresschutzgebiete? Wir sind der Meinung, dass wissenschaftliche Erkenntnisse zu diesen Fragen die Debatte leiten sollten. Und die brauchen Zeit…

Sven Rossel vom Deutschen Zentrum für Marine Biodiversitätsforschung in Wilhelmshaven beprobt Meeresbodensedimente, die mit einem Multicorer aus 4500 Metern Wassertiefe gewonnen wurden (links)Sven Rossel vom Deutschen Zentrum für Marine Biodiversitätsforschung in Wilhelmshaven beprobt Meeresbodensedimente, die mit einem Multicorer aus 4500 Metern Wassertiefe gewonnen wurden (links). Die Proben werden genutzt, um die Meiofauna zu untersuchen, Kleinsttiere mit einer Größe zwischen 0,03 und 0,3 Millimeter. Außerdem werden die Sedimentproben für geochemische Untersuchungen verwendet. Alizé Bouriat vom französischen Ifremer-Institut aus Brest sammelt Meiofauna and Makrofauna (0,3 mm bis 1 cm) für spätere DNA-Analysen (rechts) Quelle: Carsten Rühlemann



Mit herzlichen Grüßen von Bord der ISLAND PRIDE,

Carsten Rühlemann, Annemiek Vink und Matthias Haeckel

MiningImpact-Fahrt-Tagebuch, 23.04.2021

Blog #6: Wir fischen im Trüben

Wie in der Einleitung zu dieser Blogserie erläutert, sind Sedimentfahnen (auf Englisch: Plumes), die durch zukünftige Abbaumaschinen vom Meeresboden aufgewirbelt werden können, eines der größten Umweltprobleme beim Tiefseebergbau. Das aufgewirbelte Sediment wird durch die Bodenwasserströmung fortgetragen und setzt sich zum Teil in Gebieten ab, die an die eigentlichen Abbaufelder angrenzen. Dabei wird die Meeresbodenfauna mit wiederabgelagerten Sediment bedeckt und einige Tiere werden in ihrer Atmung und Nahrungsaufnahme beeinträchtigt. Die knappe Nahrung, die das Leben in der Tiefsee ermöglicht, wird mit großen Mengen ungenießbaren Schlamms vermischt. Wie viel Sediment beim Abbau mobilisiert wird und wie weit es sich über angrenzende Gebiete verteilt, sind deshalb Fragen, die dringend beantwortet werden müssen, um das volle Ausmaß der Umweltauswirkungen des Tiefseebergbaus abschätzen zu können.

Und genau damit beschäftigt sich das Plume-Sensor-Team während der Expedition MANGAN 2021. Für unsere Untersuchungen haben wir eine beeindruckende Sammlung von Sensoren aller Art mitgebracht, um ein Netzwerk von Messinstrumenten auf dem Meeresboden aufzubauen, mit dem wir die Sedimentwolke, die durch den Kollektor Patania II aufgewirbelt wird, überwachen können. Wir haben dafür zusätzlich Geräte von Projektpartnern aus ganz Europa zur Verfügung gestellt bekommen, die nicht selbst an der Expedition teilnehmen konnten.

 Unsere Ecke im AUV-Hangar, die wir als Arbeitsplatz in Beschlag genommen haben Unsere Ecke im AUV-Hangar, die wir als Arbeitsplatz in Beschlag genommen haben Quelle: BGR



Von dem Augenblick an, als wir auf die mit Containern verschiffte oder per Luftfracht nach San Diego eingeflogene Ausrüstung zugreifen konnten und unseren Arbeitsplatz auf dem Schiff in Beschlag genommen hatten, waren wir ziemlich damit beschäftigt, all diese Geräte für den Einsatz vorzubereiten. 30 Trübungssensoren, 15 Strömungsmesser, eine Sinkstofffalle, eine Partikelkamera, eine Standbildkamera, 4 Hydrophone - alles wird auf Plattformen montiert, die mit Hilfe eines Tauchroboters (ROV) auf dem Meeresboden abgesetzt werden oder die wir einfach vom Schiff aus in 4500 Meter Wassertiefe absinken lassen.

Aussetzen des BOBO-LandersAussetzen des BOBO-Landers Quelle: BGR

Die erste Plattform, die wir ausgesetzt haben, als wir im GSR-Explorationsgebiet in der CCZ ankamen, war der BOBO-Lander, ein vier Meter hohes Metallgestell, das einer Mondlandefähre ähnelt. Er wurde über Bord gehievt, vom Haken entkoppelt und ist dann frei nach unten gesunken. Ein akustisches Signal von einem Sender, der auf dem Lander montiert ist, ermöglichte es uns, seinen anderthalbstündigen Weg in 4,5 Kilometer Tiefe und die Landung auf dem Meeresboden unter unserem Schiff zu verfolgen. In den folgenden Tagen wurden dann die kleineren Sensorplattformen in einen Subsea basket (Unterwasserkorb), einen 3,6 x 2,4 x 1,4 m großen und über 3 Tonnen schweren XXXXL-Einkaufskorb aus Stahl geladen, der mit einer gigantischen Tiefseewinde langsam zum Meeresboden hinuntergelassen wurde. Dort haben wir die beiden Schilling Heavy Duty Tauchroboter der MV ISLAND PRIDE eingesetzt, um die Plattformen eine nach der anderen aus dem Basket zu holen und auf dem 400 x 400 Meter großen Feld des Meeresbodens zu verteilen, in dem der Test von Patania II stattfinden sollte. Die ROV-Piloten haben praktisch Tag und Nacht gearbeitet und die letzte Plattform nur wenige Stunden vor dem Start des Abbautests auf dem Meeresboden abgesetzt.

Der Subsea basket vollgestopft mit Sensoren zur Vorbereitung ihres Einsatzes am MeeresbodenDer Subsea basket vollgestopft mit Sensoren zur Vorbereitung ihres Einsatzes am Meeresboden Quelle: BGR

Karl und Jochen programmieren die Partikelkamera der Jacobs University Bremen (JUB)Karl und Jochen programmieren die Partikelkamera der Jacobs University Bremen (JUB) Quelle: BGR

Oben: Die Partikelkamera der JUB baumelt auf dem Weg zum Meeresboden an einem Kabel und wird vom ROV HD14 beobachtet; unten: die NIOZ-Sensorplattform 03 fest im Klammergriff des Roboterarms vom ROV HD14Oben: Die Partikelkamera der JUB baumelt auf dem Weg zum Meeresboden an einem Kabel und wird vom ROV HD14 beobachtet; unten: die NIOZ-Sensorplattform 03 fest im Klammergriff des Roboterarms vom ROV HD14 Quelle: BGR



Während einige von uns skeptisch waren, wie weit Patania II auf seiner Jungfernfahrt auf dem Boden des Pazifischen Ozeans kommen würde, müssen wir an dieser Stelle zugeben, dass die Leistung des Geräts, gemessen an der gefahrenen Strecke, der Menge der eingesammelten Knollen und dem Volumen der Schwebstoffwolke, unsere Erwartungen weit übertroffen hat. Das ROV HD14, das damit beschäftigt war, ein biologisches Experiment 500 Meter hangabwärts von der Stelle auszubringen, an der Patania II gerade mit dem Großversuch begonnen hatte, wurde plötzlich von einer dichten Wolke eingehüllt, die den leichten Hang hinabglitt. Innerhalb von Sekunden machte das fast kristallklare Wasser einer trüben Suppe Platz, in der die Sicht auf weniger als einen Meter reduziert und ein Manövrieren des ROVs nur noch mit Hilfe des Sonars möglich war. Das akustische Unterwassernavigationssystem wurde durch die Störungen der dichten Sedimentwolke vorübergehend aus dem Takt gebracht. Beim Herumtasten im Nebel stolperte das ROV zufällig über eine der Sensorplattformen, die dort in den Tagen zuvor ausgebracht worden waren. Da die genaue Position dieser Plattform auf dem Meeresboden bekannt war, konnte die akustische Navigation kalibriert werden, woraufhin das ROV seine vorgesehenen Aufgaben fortsetzte.

Einen Tag später, als wir das ROV in der Umgebung des Testgebiets nahe über den Meeresboden flogen, haben wir beobachtetet, dass die Suspensionsfahne an einigen Stellen weggedriftet und der Meeresboden mit einer dünnen Schicht abgelagerten Sediments bedeckt war, ähnlich einer Ascheschicht nach einem Vulkanausbruch. An anderen Stellen war die Sedimentwolke noch vorhanden und wir konnte sie bis zu einer Entfernung von mindestens 1,5 Kilometern vom Kollektortestgebiet verfolgen. Als Plume-Sensor-Team können wir es nun kaum erwarten, all unsere Sensoren vom Meeresboden zu bergen und die aufgezeichneten Daten auszulesen, um uns ein vollständigeres Bild davon zu machen, wie sich die Sedimentwolke über das Gebiet ausgebreitet hat.

Bis dahin steht uns aber ein weiteres sehr schickes mobiles Gerät zur Verfügung, das uns über den Verbleib der Sedimentwolke informiert: Das Hugin Autonomous Underwater Vehicle (AUV), ein 6 m langes und 1,8 Tonnen schweres unbemanntes Tauchfahrzeug, das vom Schiff aus gestartet werden kann, um vorprogrammierte Taucheinsätze in der Umgebung durchzuführen. Die MV ISLAND PRIDE verfügt gleich über sechs dieser Biester, die an orangefarbene Torpedos erinnern und vom AUV-Hangar am Heck des Schiffes aus ins Wasser gelassen und von dort aus auch wieder geborgen werden. Als Nutzlast tragen diese AUVs neben vielen anderen technisch hochwertigen Erkundungsgeräten auch optische Trübungssensoren, mit denen die Suspensionsfahne detektiert werden kann. In den vergangenen zwei Tagen führte das AUV ohne Pause eine Überwachungsmission durch und patrouillierte auf kreisförmigen Bahnen in verschiedenen Höhen über dem Meeresboden um das Kollektortestgebiet herum. Die Daten, die bei der Bergung des AUVs ausgelesen wurden, zeigten, dass es die Wolke aus Sediment mehrfach durchquert hatte. Wann und wo genau, das werden wir herausfinden, wenn wir eine umfangreiche und zeitaufwändige Analyse der Unmengen an Daten durchgeführt haben.

Weitere düstere Abenteuer werden in den nächsten Ausgaben dieses Blogs folgen.

Viele Grüße vom Plume-Sensor-Team:

Henko de Stigter (NIOZ), Karl Heger (GEOMAR), Jochen Mohrmann (GEOMAR), Iason Gazis (GEOMAR) und Dennis Hagedorn (BGR)

MiningImpact-Fahrt-Tagebuch, 19.04.2021

Blog #5: Vorbereitungen für den Patania II Test: Eine aufregende Woche

Nach dem Transit zum ersten Arbeitsgebiet am Montag und Dienstag bei ruhiger See und einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 12 bis 13 Knoten erreichten wir das belgische Explorationsgebiet am Mittwochnachmittag um 13 Uhr. Wie erwartet haben wir das GSR-Schiff MV NORMAND ENERGY etwa neun Kilometer südwestlich unserer Position bei der Arbeit angetroffen, wo sie in den letzten Tagen Versuche und Funktionstests mit ihrem Testkollektor Patania II durchgeführt haben. Das Greenpeace-Schiff RAINBOW WARRIOR befand sich in unmittelbarer Nähe, blieb dort während der ersten beiden Tage unserer Anwesenheit und folgte dann der NORMAND ENERGY am Freitagabend in das Testgebiet. Sie befinden sich noch auf einem sicheren Abstand von uns entfernt, haben uns aber in Ruhe gelassen und keinen Kontakt mit uns oder mit unserem Schiff aufgenommen.

Unser Arbeitsprogramm begann am Mittwochnachmittag mit der Kalibrierung des dynamischen Positionierungssystems (DP2) des Schiffes, mit dem die ISLAND PRIDE während der Stationsarbeiten exakt auf Position gehalten wird. Danach wurde der Freifall-Lander "Bottom Boundary" (BoBo) des NIOZ-Instituts in 1,5 km Entfernung vom Testgebiet ausgesetzt. Er ist bestückt mit Strömungs- und Trübungssensoren sowie einem Hydrofon und einer Sinkstofffalle zur Messung des Gesamtpartikelflusses, um mögliche Auswirkungen der vom Kollektor erzeugten Suspensionsfahne zu messen. Weitere 20 Metallgestelle mit insgesamt ca. 50 interkalibrierten hydroakustischen und optischen Sensoren zur Messung der Sedimentkonzentrationen in der Suspensionsfahne wurden in einem großen „Sub-sea Basket“ (Unterwasserkorb aus Metall) in zwei Einsätzen am Donnerstag- bzw. Freitagabend auf den Meeresboden in 4500 m Wassertiefe gebracht. Die Instrumente wurden von zwei ferngesteuerten Tauchrobotern (ROV), die gleichzeitig vom Schiff aus eingesetzt werden können, aus dem Basket geholt und auf dem Meeresboden an verschiedenen Positionen 200 bis 1000 Meter stromabwärts des Versuchsgebiets, d.h. in Richtung der erwarteten Ausbreitung der Suspensionsfahne, sowie in einem Kreis um das Versuchsgebiet herum platziert. Wir erwarten, dass wir mit diesen Sensoren Gradienten der zeitlichen Änderungen der Partikelkonzentrationen in verschiedenen Entfernungen vom Versuchsgebiet messen können.

BoBo-Lander kurz vor dem AussetzenBoBo-Lander kurz vor dem Aussetzen Quelle: Mirja Bardenhagen



Die hydraulisch betriebenen ROVs haben jeweils zwei Manipulatorarme, mit denen sie Objekte am Meeresboden greifen und versetzen, aber auch Sedimente mit Hilfe von Pushcores beproben sowie größere Tiere mit einer am ROV montierten Saugvorrichtung und sogenannten Bioboxen einfangen können. Zusätzlich wurden profilierende Mikrosensoren zur Messung der Sauerstoffflussraten in den obersten 10-20 Zentimetern des Meeresbodensediments per ROV ausgesetzt, um den Umsatz von organischem Kohlenstoff im Sediment zu messen. Des Weiteren wurden in der Nähe des Versuchsgebietes eine Larvenpumpe und drei Köderfallen zur Bestimmung von Amphipoden (Flohkrebse) sowie ein Versuchsaufbau für Ökotoxizitätsexperimente an Holothurien (Seegurken) installiert, die Aufschluss über die Auswirkungen der Suspensionsfahne geben sollen.

Aussetzen des Tauchroboters (ROV) aus dem ROV-Hangar der ISLAND PRIDEQuelle: Nils Maschmann

Aussetzen des Tauchroboters (ROV) aus dem ROV-Hangar der ISLAND PRIDEQuelle: Michael Stocks

Aussetzen des Tauchroboters (ROV) aus dem ROV-Hangar der ISLAND PRIDE

Eines der sechs autonomen Unterwasserfahrzeuge (AUVs) an Bord der ISLAND PRIDE wurde für eine Vermessungsmission vorbereitet, um das Testgebiet (0,1 km2) und Teile der Umgebung vor dem Test fotografisch zu kartieren. Eine ergänzende Vermessung wird nach dem Test durchgeführt. Dies ist wichtig, um den unberührten Zustand des Meeresbodens mit dem Zustand nach dem Kollektortest zu vergleichen, wenn Manganknollen, Sedimente und Fauna vom Meeresboden entfernt und aufgewirbelte Sedimente durch die sehr langsame bodennahe Strömung in die Umgebung verdriftet wurden und sich abgesetzt haben. Eine solche Kartierung soll uns einen Hinweis auf die Dicke der abgetragenen Sedimentschicht und die Mächtigkeit der Wiederablagerung auf dem Knollenhabitat in der Umgebung geben.

Am Donnerstag wurde eine komplexe 60-stündige Mission des AUVs minutiös geplant und das AUV in 4,5 Kilometer Tiefe geschickt. Es wurden mehr als 200.000 sich überlappende hochauflösende Fotos des Meeresbodens aufgenommen, die zu einem detaillierten Fotomosaik des Testgebietes zusammengefügt werden. Am frühen Sonntagmorgen wurde das AUV auf eine neue 40-stündige Mission geschickt, um die Ausdehnung der vom Kollektor erzeugten Suspensionsfahne mit Hilfe des Fächerecholots und der am AUV angebrachten Trübungssensoren zu kartieren.

MV ISLAND PRIDE vorne und MV NORMAND ENERGY im Hintergrund. Beide Schiffe setzen die letzten ozeanographischen Messgeräte auf dem Meeresboden ab, bevor der Abbautest mit Patania II beginntMV ISLAND PRIDE vorne und MV NORMAND ENERGY im Hintergrund. Beide Schiffe setzen die letzten ozeanographischen Messgeräte auf dem Meeresboden ab, bevor der Abbautest mit Patania II beginnt Quelle: Franky Peeters



Die ISLAND PRIDE erlaubt den gleichzeitigen Betrieb mehrerer Geräte, solange die Sicherheitsabstände zwischen Geräten und Kabeln eingehalten werden. Beide ROVs können Seite an Seite am Meeresboden arbeiten, zeitgleich mit dem Basket, der mit einem dritten Kabel vom Schiff herabgelassen wird. Da das autonom arbeitende AUV gleichzeitig eingesetzt wird und GSR seine eigenen Verankerungen mit ozeanographischer Ausrüstung in unmittelbarer Nähe ausbringt, ist die genaue räumliche Platzierung und zeitliche Abfolge aller Einsätze ein wesentlicher Bestandteil unserer Planungsarbeiten und eine große Herausforderung für alle beteiligten Techniker und Wissenschaftler.

Die Beprobung des Sediments und der Wassersäule mit unserem Multicorer, Kastengreifer und CTD-Kranzwasserschöpfer war bisher weniger erfolgreich. Die vom Schiffsbetreiber gemietete Okeanus-Winde mit 6000 m langem Koaxialkabel, die uns im Rahmen der Charter zur Verfügung gestellt wurde, funktionierte bisher sehr schlecht, was zu übermäßig langen Einsätzen unserer Beprobungsgeräte und einem erheblichen Zeitverlust durch Fehlfunktionen und Reparaturarbeiten führte. Am Samstag und Sonntag haben Techniker von Crew und Wissenschaft ihre Expertise und Kräfte gebündelt, um den Spurschlitten der Winde zu reparieren und einen effizienteren Betrieb zu gewährleisten, damit wir unsere dringend benötigten Geräteeinsätze durchführen können. Heute, am Sonntagnachmittag, haben wir die Winde erfolgreich getestet und hoffen nun, dass wir einen Teil der Beprobung in der kommenden Woche nachholen können.

Am Samstagabend um 18 Uhr Ortszeit waren alle unsere Sensoren erfolgreich auf dem Meeresboden ausgebracht und die NORMAND ENERGY plante, Patania II einzusetzen, um den dreitägigen Abbautest im belgischen Explorationsgebiet zu beginnen. Aufgrund von Problemen mit der hydraulischen Druckeinheit wurde der Einsatz jedoch auf Sonntag, 14 Uhr, verschoben. Mittlerweile (21 Uhr Ortszeit) ist Patania II im Einsatz und hat die ersten Streifen am Meeresboden abgefahren. Dies ist für viele von uns, die in den letzten vier Jahren in diesem Projekt involviert waren, ein Meilenstein. Es wird sehr spannend sein, die Entwicklung der Suspensionsfahne in der kommenden Woche mit unseren ROV-Kameras, dem AUV-Fächerecholot und der Fotokartierung, den Trübungssensoren und Wasserproben unserer CTD und durch unser akustisches und optisches Sensornetzwerk am Meeresboden zu beobachten.

Hoffen wir also, dass Patania II ihre geplanten Spuren abfahren kann und wir eine gute dreidimensionale Vorstellung von der Entwicklung der Suspensionsfahne bekommen!

Annemiek Vink

MiningImpact-Fahrt-Tagebuch, 16.04.2021

Blog #4: Eine Expedition in der Warteschlange: COVID-19

Arbeitsplanung an Deck der MV ISLAND PRIDEArbeitsplanung an Deck der MV ISLAND PRIDE Quelle: BGR

Die Tests mit Patania II waren von GSR für die gleiche Jahreszeit vor zwei Jahren geplant, ebenfalls mit einer parallel stattfindenden unabhängigen Untersuchung der Umweltauswirkungen, damals vom deutschen Forschungsschiff SONNE aus und im Rahmen des europäischen MiningImpact-Projekts. Der technische Ausfall des Stromversorgungs- und Kommunikationskabels zum Kollektor änderte die Situation jedoch schlagartig und Patania II erreichte damals nicht den Boden der Tiefsee. Das war eine große Enttäuschung für die Ingenieure, die den Kollektor konstruiert und gebaut hatten, aber auch für die Wissenschaftler, die ihre umfangreiche Ausrüstung über den Pazifik transportiert hatten und bereit waren, loszulegen. Auch die Entscheidungsträger und Experten der Internationalen Meeresbodenbehörde in Kingston waren betrübt, hatten sie sich doch inmitten der Erarbeitung ihrer Empfehlungen, Standards und Regularien für den Abbau von mineralischen Rohstoffen aus der Tiefsee eine fundierte wissenschaftliche Grundlage zu Umweltfragen erhofft.

Aufgrund der enormen Bedeutung dieser Untersuchungen beschloss die BGR schließlich, eine Wiederholung des Kollektortests durch GSR wissenschaftlich zu begleiten und nahm diese Aufgabe kurzerhand in ihr Explorationsprogramm auf. Ein neuer Termin wurde festgelegt: Oktober/November 2020. Die MiningImpact-Partner wurden eingeladen, sich an der Expedition zu beteiligen. Eine Ausschreibung für eine Schiffscharter wurde Anfang März 2020 veröffentlicht und mögliche Anbieter darauf aufmerksam gemacht. Entsprechend unserer langjährigen Namensgebung des Explorationsprogramms sollte die Expedition ursprünglich "MANGAN 2020" heißen. Doch dann kamen alle Vorbereitungen urplötzlich zum Stillstand: COVID-19 erreichte Deutschland und die ersten Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie unterbrachen unsere weiteren Planungen. Der Tag, an dem wir die Entscheidung zum Abbruch der Fahrt treffen mussten, ist mir noch lebhaft in Erinnerung.

Viele sagten mir damals, ich solle die Idee aufgeben - es würde in Zukunft doch noch weitere Tests von anderen Firmen geben. Allerdings würde MiningImpact mit seiner geballten wissenschaftlichen Expertise dann nicht mehr zur Verfügung stehen und mir war klar, dass dies ein enormer Verlust für den Beitrag Deutschlands und Europas zur angewandten Tiefseeforschung und zur Schaffung international anerkannter Umweltregeln wäre. Gemeinsam mit GSR und MiningImpact haben wir einen letztmöglichen Zeitpunkt für das Projekt identifiziert: April/Mai 2021. Wir hofften, dass wir die Pandemie bis dahin hinter uns gelassen haben würden.

Weit gefehlt. Rückblickend können wir bereits jetzt sagen, dass COVID-19 diese Forschungskampagne massiv beeinflusst hat. Der logistische Aufwand war ungleich größer und es gab viel mehr Unwägbarkeiten als bei jeder anderen Expedition, an der ich bisher beteiligt war. Die Beteiligung von MiningImpact-Partnern aus zehn Instituten und sechs Ländern machte die Sache nicht einfacher. Wir mussten speziell für diese Expedition einen detaillierten und aufwändigen COVID-19-Hygieneplan entwickeln, der sowohl die Erwartungen aller Partnerinstitute als auch die der Schiffsbesatzung und der Betreiber der ISLAND PRIDE erfüllen sollte. Ich will gar nicht daran denken, wie viele Diskussionen und Versionen des Plans wir hatten, ohne eine Lösung zu finden, die allen gerecht wurde. Irgendwann aber war es geschafft.

Ich habe noch nie zuvor so viele Risikobewertungen durchgeführt. Für diese Expedition wurden Containertransporte und Reisebeschränkungen in die USA und eventuelle Transitländer als Hauptrisiken und potenzielle Show-Stopper identifiziert. Und tatsächlich bereiteten uns genau diese Dinge in der Vorbereitungsphase großes Kopfzerbrechen. Der Transport von acht Containern mit Unmengen wissenschaftlicher Ausrüstung von Hamburg durch den Panamakanal über Los Angeles nach San Diego verzögerte sich um mehr als vier Wochen aufgrund von abgesagten und verspäteten Containerschiff-Transporten, eingeschränkter Verfügbarkeit von Arbeitskräften und starker Überlastung der Containerterminals in den US-amerikanischen Häfen. Aufgrund des Einreiseverbots aus den Schengen-Ländern war die Beantragung von Visen für die USA bei der Botschaft in Berlin ein besonders langwieriger Prozess und die Dokumente wurden erst wenige Tage vor unseren geplanten Flügen nach Los Angeles ausgestellt. Zwei portugiesische Kolleginnen bekamen ihr Visum jedoch nicht rechtzeitig und konnten leider nicht mit uns reisen. Drei weitere Kolleginnen sagten ihre Teilnahme ab, zu einem Zeitpunkt, als es aufgrund der langen Bearbeitungsdauer von Visaanträgen unmöglich war, Ersatz zu finden.

In den USA angekommen, mussten alle Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler schließlich zwölf Nächte in einem Hotel in San Diego isoliert in Einzelzimmern verbringen, bevor sie nach einem weiteren negativen PCR-Test an Bord des Schiffes gehen durften. Dort prägten dann strikte Hygienemaßnahmen für weitere zehn Tage unser tägliches Arbeitsprogramm, um das Risiko einer COVID-Infektion an Bord so weit wie möglich zu minimieren. Ich brauche wohl nicht zu erzählen, wie es ist, schwere Arbeiten an Deck in der heißen südkalifornischen Sonne mit einer Maske zu verrichten... aber im Interesse der Gesundheit und Sicherheit aller wurden diese Maßnahmen respektiert und klipp und klar eingehalten.

Und so sind wir nun hier, mitten im Pazifik mit einer etwas reduzierten Mannschaft und nach einer fünftägigen Verzögerung der Abfahrt aufgrund der verspäteten Containerlieferung - aber COVID-frei und endlich bereit unsere Forschung zu beginnen!.

Annemiek Vink

MiningImpact-Fahrt-Tagebuch, 15.04.2021

Blog #3: Polymetallische Knollen: Wie sie entstehen und warum wir uns für sie interessieren

Polymetallische Knollen, oft einfach Manganknollen genannt, bedecken viele Millionen Quadratkilometer des Tiefseebodens in Wassertiefen zwischen 4000 und 6000 Meter. Sie enthalten neben dem namensgebenden Mangan auch Nickel, Kupfer, Kobalt sowie in Spuren weitere Metalle wie Molybdän, Titan und Lithium und sind deshalb wirtschaftlich interessant. Das größte und wirtschaftlich bedeutendste Vorkommen befindet sich in der 5 Millionen Quadratkilometer großen sogenannten Clarion-Clipperton-Zone des tropischen Nordpazifiks zwischen Hawaii und Mexiko. Es ist damit etwas größer als die Gesamtfläche aller Länder der Europäischen Union und Großbritanniens.

Karte des Manganknollengürtels in der Clarion- und Clipperton-Bruchzone im OstpazifikAbbildung 1: Karte des Manganknollengürtels in der Clarion- und Clipperton-Bruchzone im Ostpazifik. Die beiden Teile W1 und E1 des deutschen Lizenzgebiets sind rot hervorgehoben. Die gelben Flächen sind Explorationsgebiete anderer Vertragspartner, blau-graue Flächen kennzeichnen "reservierte Gebiete", für die Entwicklungsländer Explorationsverträge erhalten können, und die grünen Quadrate kennzeichnen sogenannte "Areas of Particular Environmental Interest" (APEI), eine Art mariner Schutzgebiete. APEIs bilden ein Netzwerk großer Gebiete, die das gesamte Spektrum an Habitaten, Biodiversität und Ökosystemfunktionen abdecken sollen, und in denen Exploration und Tiefseebergbau verboten sind. Quelle: BGR



Manganknollen sind schwarzbraune, rundliche und meist zwiebelschalenartig aufgebaute Konkretionen mit Durchmessern bis zu 15 Zentimetern, in Ausnahmen auch größer. Sie bilden sich durch die Ausfällung von Mangan- und Eisenoxiden sowie zahlreichen Neben- und Spurenmetallen aus dem Meerwasser und dem Porenwasser des Meeresschlamms (Sediment) um einen Wachstumskeim herum, bei dem es sich um verfestigtes Sediment, alte Knollenbruchstücke oder seltener biologisches Material wie Haifischzähne handelt. Die Knollen liegen lose auf dem Meeresboden und ihr Wachstum beträgt zwischen zwei und 100 Millimetern pro Millionen Jahre.

Aufgesägte 12 Zentimeter große Manganknolle aus 4400 Metern Wassertiefe aus dem deutschen Lizenzgebiet im PazifikAbbildung 2: Aufgesägte 12 Zentimeter große Manganknolle aus 4400 Metern Wassertiefe aus dem deutschen Lizenzgebiet im Pazifik Quelle: BGR

Ein steigender Bedarf an den oben genannten Metallen aufgrund des anhaltenden globalen Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstums sowie des technologischen Wandels von fossilen hin zu erneuerbaren Energiequellen und der E-Mobilität haben den Abbau von Rohstoffen in der Tiefsee erneut in den Fokus gerückt. Heute werden diese Metallrohstoffe ausschließlich an Land abgebaut. Dort sind sie mit einer Intensivierung der Umweltauswirkungen und sozialen Problemen verbunden, zum Beispiel der Abholzung von Regenwäldern, Vernichtung von Ackerflächen, dem Verbrauch großer Mengen Wassers, dem Eintrag von Schadstoffen und Schwermetallen, die beim Abbau freigelegt werden, sowie der zwangsweisen Umsiedlung von Bewohnern der prospektiven Gebiete. Außerdem ist seit einigen Jahren eine Zunahme von Angebotskonzentrationen auf den Rohstoffmärkten zu beobachten. Bei einigen Metallen stammt der Großteil der Produktion aus nur einem Land, teilweise aus Staaten mit erhöhtem Risiko aufgrund politischer Instabilität, wie im Falle von Kobalt aus der Demokratischen Republik Kongo. Auch Recycling kann den zukünftigen Bedarf nur teilweise decken, selbst dann, wenn die Effizienz deutlich gesteigert wird. Um die wachsende globale Nachfrage zu befriedigen, die Versorgung rohstoffarmer Länder zu sichern und die Abhängigkeiten dieser Länder von Quasi-Monopolisten bestimmter Metalle zu reduzieren, erkunden staatliche Lizenznehmer seit 20 Jahren und private Unternehmen seit rund 10 Jahren die Mineralienvorkommen in der Tiefsee.

Haifischzahn aus dem Tertiär. Der Zahn eines seit ca. 2 Millionen Jahren ausgestorbenen Megalodon-Riesenhais ist von einer Manganknolle umwachsenAbbildung 3: Haifischzahn aus dem Tertiär. Der Zahn eines seit ca. 2 Millionen Jahren ausgestorbenen Megalodon-Riesenhais ist von einer Manganknolle umwachsen Quelle: BGR

Für Deutschland erkundet die BGR im Auftrag der Bundesregierung die Manganknollenvorkommen in einem Gebiet von 75.000 Quadratkilometern im Ostpazifik. Die BGR nimmt Proben, untersucht das wirtschaftliche Potenzial der Manganknollen und führt umfangreiche Umweltuntersuchungen durch. Durch einen Abbau könnte Deutschland unabhängiger von rohstoffreichen Ländern wie Russland, China oder der DR Kongo werden, deren Metallrohstoffe es für seine Wirtschaft benötigt.

Allerdings wird ein möglicher Tiefseebergbau in der Öffentlichkeit kontrovers diskutiert. Aus Sicht der Politik ist die langfristige Sicherung eines ungehinderten Zugangs zu Metallrohstoffen von großer Bedeutung für die Herstellung verschiedener Industrieprodukte, die wir täglich nutzen. Kritikerinnen und Kritiker hingegen weisen vor allem auf die Verletzlichkeit eines weitgehend unberührten Ökosystems hin, das vor jeglichem Eingriff geschützt werden muss. Sie befürchten großräumige Auswirkungen eines Unterwasserbergbaus. Dazu zählen neben der Entfernung der oberen Zentimeter des Meeresbodenschlamms mit den Knollen und den darin lebenden Tieren vor allem Trübewolken am Meeresboden und Beeinträchtigungen der Nahrungskette.

Letztendlich ist eine Entscheidung erforderlich, ob die Metalle für den menschlichen Rohstoffhunger weiterhin ausschließlich aus den herkömmlichen Quellen an Land oder zukünftig zum Teil auch aus der Tiefsee gewonnen werden sollen. Beide bergbaulichen Maßnahmen sind immer mit Umweltauswirkungen verbunden – entweder an Land, in unserem Lebensraum, oder in über 4000 Metern, in der Tiefsee. Die Frage, wie sich ein industrieller Abbau am Meeresboden auf das Ökosystem der Tiefsee in der Clarion-Clipperton-Zone genau auswirken würde, wollen wir mit unserer Expedition MANGAN 2021 beantworten.

Mit besten Grüßen von Bord der ISLAND PRIDE
Carsten Rühlemann

MiningImpact-Fahrt-Tagebuch, 14.04.2021

Blog #2: MANGAN2021 – Das Team an Bord der Island Pride

Tiefseebergbau ist ein komplexes Thema. Um die möglichen Umweltauswirkungen des Manganknollenabbaus am Meeresboden zu untersuchen, braucht es daher eine ebenso vielfältige Gruppe Wissenschaftler. Heute möchten wir Ihnen das MiningImpact-Team an Bord der „Island Pride“ vorstellen und Ihnen ein wenig über ihre voraussichtlichen Aufgaben während der MANGAN2021 Ausfahrt erzählen.

Annemiek Vink

Annemiek Vink
Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR)
Annemiek interessiert sich für die Erkundung mariner mineralischer Ressourcen, Umweltmanagement, Meeresgeologie und Meeresbiologie. Sie ist die Fahrtleiterin der MANGAN2021 Expedition. Ihre Hauptaufgaben sind die allgemeine Fahrtplanung, die Koordination der Arbeit an Bord, der Einsatz von Ausrüstung und Verankerungen. Wenn die Zeit es erlaubt, wird sie außerdem die biologische Probenahme unterstützen.

Matthias Haeckel

Matthias Haeckel
GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel (GEOMAR)
Matthias ist der Projektkoordinator des MiningImpact Projekts. An Bord wird er für die Koordination der Forschungsinteressen der verschiedenen Arbeitsgruppen und die Gestaltung des täglichen Arbeitsplans verantwortlich sein. Außerdem wird er die Arbeit des Biogeochemie-Teams unterstützen.

Alizé Bouriat

Alizé Bouriat
IFREMER
Alizé interessiert sich für Tiefseebiologie. An Bord wird sie sich an der Aufbereitung, Identifizierung und Sortierung der mit dem Multicorer und dem Boxcorer gewonnenen Megafauna-, Makrofauna- und Meiofaunaproben beteiligen. Darüber hinaus wird sie biogeochemische Sedimentexperimente durchführen.

Batuhan Yapan

Batuhan Yapan
Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie (MPI)
Batuhans Hauptinteresse gilt der mikrobiellen Ökologie. An Bord wird er Sedimentproben nehmen, um die Struktur und Aktivität der mikrobiellen Gemeinschaften unter verschiedenen Umweltbedingungen zu untersuchen.

Carsten Rühlemann

Carsten Rühlemann
Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR)
Carsten interessiert sich für alles, was mit marinen mineralischen Ressourcen zu tun hat: Exploration, Umweltfragen, Gesetzgebung und technische Aspekte. An Bord wird er die leitende Wissenschaftlerin bei ihrer Arbeit unterstützen. Außerdem wird er sich um die CTD-Messungen (Abkürzung für Leitfähigkeit, Temperatur, Tiefe) kümmern, die Sedimentfallen betreuen und das Plume-Monitoring-Team unterstützen. Die Sedimentfallen sind für eine bestimmte Zeit am Meeresboden verankert und fangen die absinkenden Partikel auf. Diese Daten geben Aufschluss über die Planktonarten, die in der sonnenbeschienenen oberen Wasserschicht leben, die Bioproduktion und die Menge sowie die Zusammensetzung der anorganischen Stoffe. Im Hinblick auf den geplanten Kollektortest werden die Sedimentfallen verwendet, um die Menge und Partikelgröße der Sedimente zu bestimmen.

Dennis Hagedorn

Dennis Hagedorn
Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR)
Dennis ist Ingenieur (Elektrotechnik). An Bord wird er hauptsächlich für die Wartung, Programmierung und Vorbereitung der Ausrüstung für die Verankerungen zuständig sein (insbesondere Sedimentfallen, Strömungsmesser und Trübungssensoren sowie die mechanische Vorbereitung der Verankerungskette vor dem Aussetzen). Außerdem wird er die SHDSL-Telemetrie inkl. Decksstation für den Multicorer installieren, damit dieser online Videobilder anzeigen kann.

Duygu Sevgi Sevilgen

Duygu Sevgi Sevilgen
Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie (MPI) und Alfred-Wegener-Institut Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI)
Duygus Hauptinteressen gilt der Biogeochemie der Sedimente. Sie ist Teil der HGF/MPG-Brückengruppe für Tiefseeökologie und Tiefseetechnologie. Zusammen mit ihren Kollegen wird sie die Auswirkungen des Tiefseebergbaus auf mikrobielle Gemeinschaften am und im Meeresboden und deren Stoffwechsel untersuchen. Mit Unterstützung des ROV-Teams wird sie außerdem die Sauerstoffverteilung in den obersten Zentimetern der Sedimente messen. Dies geschieht mit sehr empfindlichen Mikrosensoren. Duygu wird für die Kalibrierung der Sensoren und deren Montage auf dem Profiler, die Programmierung der Einsätze und der Kommunikation mit den ROV-Piloten verantwortlich sein.

Felix Janssen

Felix Janssen
Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie (MPI) und Alfred-Wegener-Institut Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI)
Felix interessiert sich für die Biogeochemie von Sedimenten. Zusammen mit Kollegen der HGF/ MPG-Brückengruppe für Tiefseeökologie und Tiefseetechnologie wird er die Auswirkungen des Knollenabbaus auf Mikrobengemeinschaften und deren Beitrag zur Umwandlung von organischem Material am Meeresboden untersuchen. Mikroben dominieren die Biomasse am Boden der Tiefsee. Sie spielen eine entscheidende Rolle in den Nahrungsnetzen des Meeresbodens und sorgen für einen effizienten Kreislauf von organischem Kohlenstoff und Nährstoffen. Zusammen mit Duygu wird Felix die Sauerstoffverteilung in der obersten Sedimentschicht direkt am Meeresboden messen. Durch Modellierung werden diese Daten anschließend in Sauerstoffaufnahmeraten am Meeresboden umgewandelt - ein Massenmaß für den gesamten Stoffwechsel der mikrobiellen Gemeinschaft

François Charlet

François Charlet
Global Sea Mineral Resources (GSR)
François interessiert sich für Meeresgeologie, geophysikalische Vermessung, Knollenressourcen, Tiefsee-Exploration und Umweltverträglichkeitsprüfungen. Außerdem ist er der GSR-Kontakt an Bord der "Island Pride". An Bord wird er daher für die Kommunikation zwischen dem von GSR gecharterten Schiff "Normand Energy" und der "Island Pride" verantwortlich sein und die Planung sowie den gleichzeitigen Betrieb des GSR-Kollektors Patania II und der wissenschaftlichen Überwachungsinstrumente (AUV/ROV) koordinieren.

Gabriella Luongo

Gabriella Luongo
Polytechnic University of Marche (UNIVPN)
Gabriellas Interesse gilt der Ökologie. An Bord der „Island Pride“ wird sie Sedimentproben vor und nach dem Kollektortest nehmen. Anschließend werden die Proben aufbereitet, um den trophischen Zustand des Systems in Bezug auf die Menge, Zusammensetzung und den Umsatz von Pigmenten und organischem Material, die Häufigkeit und Verbreitung von Viren und die Virusproduktion in Verbindung mit der Häufigkeit und Biomasse prokaryotischer Wirte zu analysieren. Darüber hinaus wird Gabriella molekulare Analysen hinsichtlich der Diversität von Mikroeukaryoten durchführen. Insgesamt werden diese Ergebnisse Erkenntnisse darüber liefern, wie der Tiefseebergbau den Gehalt organischer Substanzen, die Virus-Wirt-Interaktionen und die Diversität der Mikroeukaryoten in der Tiefsee verändern und dadurch das Funktionieren der benthischen Tiefsee-Ökosysteme beeinflussen kann.

Henko de Stigter

Henko de Stigter
Royal Netherlands Institute for Sea Research (NIOZ)
Henko interessiert sich für Meeresgeologie und Sedimentdynamik. Mit den Kollegen des Plume-Sensor-Teams an Bord der „Island Pride“ wird er die von dem Kollektorfahrzeug verursachte Sedimentfahne untersuchen. Wie weit und wie hoch reicht die Sedimentfahne, wie lange dauert es, bis sich das Sediment wieder auf dem Boden abgesetzt hat, und wie dick oder dünn ist die Schicht des wieder abgelagerten Sediments? Um diese Fragen zu beantworten, wird Henko eine Vielzahl Sensoren einsetzen, von denen einige auf dem Meeresboden platziert werden, während andere an einem Kabel vom Schiff geschleppt werden. Einige Sensoren werden außerdem auf unbemannten Unterwasserfahrzeugen (AUVs) montiert werden. Die Informationen über die Dynamik der Sedimentfahne werden dafür benötigt, das Ausmaß der Auswirkungen des Tiefseebergbaus über das eigentliche Abbaugebiet hinaus beurteilen zu können.

Iason-Zois Gazis

Iason-Zois Gazis
GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel (GEOMAR)
Iason interessiert sich für die Kartierung des Meeresbodens, dessen räumliche Modellierung und die Erforschung von Manganknollen. An Bord wird er die Kartierung des Meeresbodens und der Wassersäule mit Fächerecholoten übernehmen. Darüber hinaus wird er GIS-Analysen durchführen und sich an der Planung und dem Einsatz hydroakustischer Sensoren zur Überwachung der Sedimentfahne beteiligen.

Jakob Barz

Jakob Barz
Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie (MPI) und Alfred-Wegener-Institut Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI)
Jakob interessiert sich für Mikrobiologie. An Bord wird er Sedimentproben mit dem Multicorer und Wasserproben mit der CTD und den In-situ Pumpen nehmen, um anschließend die Diversität der darin enthaltenen Mikroben zu bestimmen.

Jochen Mohrmann

Jochen Mohrmann
GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel (GEOMAR)
Jochen interessiert sich besonders für AUV-Navigation, Sonar und Computerwissenschaften. An Bord wird er in erster Linie für die Kalibrierung und den Einsatz verschiedener Sensoren sowie die Planung von AUV-Tauchgängen und der Verarbeitung, Visualisierung und dem Management der gewonnenen Daten zuständig sein.

Jolien Goossens

Jolien Goossens
Ghent University
Jolien ist Biologin. An Bord der „Island Pride“ wird sie mithilfe des Multicorers, des Boxcorers und des ROVs Proben nehmen, um diese im Anschluss an die Ausfahrt zu analysieren. Außerdem wird sie im Auftrag einer Kollegin ein Experiment zur Nahrungsaufnahme von Holothurien durchführen. Außerdem wird sie zwei belgische Theaterproduzenten bei ihren Recherchen für ein Theaterstück über den Tiefseebergbau unterstützen.

Karl Heger

Karl Heger
GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel (GEOMAR)
Karl interessiert sich für die technischen Herausforderungen der Ozeanforschung. Als Teil des Plume-Sensor-Teams wird er ein Netzwerk von über 40 Sensoren auf dem Meeresboden aufbauen, um die Sedimentfahne und ihre Ablagerung zu kartieren. Dazu gehört die Konfiguration der Sensoren, die Überwachung ihres Einsatzes sowie ihrer Bergung per ROV und schließlich die sichere Speicherung aller aufgezeichneten Daten.

Katja Schmidt

Katja Schmidt
Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR)
Katja ist Geochemikerin. Ihr Hauptinteresse gilt dem Verhalten von Spurenmetallen in wässrigen Umgebungen. An Bord der „Island Pride“ wird sie vor allem Meerwasser und Oberflächensedimente für geochemische Untersuchungen beproben. Dazu gehört auch die Beprobung der Sedimentfahne, da ein Schwerpunkt dieses Projekts darin besteht, die Mobilisierung und das Verhalten von potenziell toxischen Spurenmetallen in solchen Sedimentfahnen und deren Auswirkungen auf die Fauna zu untersuchen. Katja wird die Proben an Bord in verschiedene Aliquots aufteilen, diese filtrieren bzw. Porenwasser aus ihnen extrahieren und sie für detaillierte Analysen zu Hause konservieren.

Katja Uhlenkott

Katja Uhlenkott
Senckenberg am Meer, Deutsches Zentrum für Marine Biodiversitätsforschung
Katja interessiert sich für die Modellierung der Verbreitung von Meiofauna und Megafauna am Meeresboden. Dazu wird sie mithilfe des Multicorers entnommene Sedimentproben analysieren. Außerdem wird sie Epifauna- und Infauna-Proben in Boxcorer Proben analysieren und Megafauna mit dem ROV sammeln und annotieren.

Massimiliano Molari

Massimiliano Molari
Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie (MPI) - HGF MPG Brückengruppe für Tiefseeökologie und Tiefseetechnologie
Massi interessiert sich für mikrobielle Ökologie, insbesondere für die mikrobielle taxonomische und funktionelle Vielfalt und die Rolle der Mikroben im Kreislauf der Elemente (Kohlenstoff, Stickstoff, Metalle, etc.). Sein Ziel ist es, den Einfluss des GSR-Kollektors auf die mikrobielle Diversität, Aktivität und Häufigkeit der Mikroben in Wasser, Sediment und Manganknollen zu untersuchen. Dafür wird er Sediment- und Wasserproben mit dem Multicorer, der CTD und dem Boxcorer entnehmen. Außerdem wird er verschiedene mikrobielle Parameter (DNA, RNA, Zellhäufigkeit) bestimmen und ein Inkubationsexperiment zur Bewertung mikrobieller Aktivität durchführen.

Mirja Bardenhagen

Mirja Bardenhagen
Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR)
Mirja ist Chemielaborantin und beschäftigt sich mit der Erkundung mariner Rohstoffe. Sie ist außerdem in die Organisation der Ausfahrt eingebunden, insbesondere in die Logistik. An Bord wird sie Wasserproben nehmen und diese für die Weiterverarbeitung in den Laboren zu Hause vorbereiten. Anschließend wird sie die Proben auf Spurenmetalle analysieren.

Nils Maschmann

Nils Maschmann
Oktopus GmbH (für GEOMAR)
Nils nimmt als Techniker an der Forschungsfahrt teil. An Bord der „Island Pride“ wird er in erster Linie für die Wartung und Bedienung des Multicorers und des Boxcorers verantwortlich sein.

Oliver Kefel

Oliver Kefel
Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR)
Oliver ist Mechaniker. An Bord wird er die Bedienung des Boxcorers sowie andere notwendige mechanische Arbeiten übernehmen, wie die Vorbereitung der Verankerungen.

Sven Rossel

Sven Rossel
Senckenberg am Meer, Deutsches Zentrum für Marine Biodiversitätsforschung
Svens Hauptinteresse gilt der schnellen Erfassung der Biodiversität mittels MADI-TOF Massenspektrometrie mit dem Schwerpunkt Meiofauna. An Bord wird Sven am Einsatz des Multicorers beteiligt sein, mit dessen Hilfe Meiofauna-Proben für die weitere Analyse mittels MALDI-TOF MS, Metabarcoding und Community-Analyse im Institut entnommen werden. Sven wird außerdem Megafauna-Proben mit dem ROV entnehmen und Fauna während der ROV Tauchgänge annotieren. Darüber hinaus wird er die Vorbereitung der Passivsampler, das Sortieren der Makrofauna-Proben und weitere Aufgaben übernehmen.

Tanja Stratmann

Tanja Stratmann
Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie (MPI) und Utrecht University
Tanja interessiert sich für die Ökologie und Biogeochemie der Tiefsee, insbesondere für trophische Interaktionen und die Modellierung von Nahrungsnetzen. An Bord der „Island Pride“ wird sie sich am Einsatz von Larvenpumpen, und Amphipodenfallen, der Bestimmung und Beprobung von Megafauna und der Entnahme von Manganknollen mit dem Boxcorer beteiligen.

Thomas Aigner und Michael Stocks

Thomas Aigner und Michael Stocks
SWR/ ARD/ ARTE
Thomas (links) und Michael (rechts) werden einen Film über den Tiefseebergbau und das MiningImpact Projekt produzieren, der voraussichtlich Ende des Jahres im Fernsehen zu sehen sein wird. Sie werden dafür die Arbeit an Bord filmen und Interviews mit den Expeditionsteilnehmern führen.


MiningImpact-Fahrt-Tagebuch, 11.04.2021

Blog #1: Expedition MANGAN 2021: Eine anspruchsvolle Forschungsreise mit hohen Erwartungen

Es gab in den letzten Monaten viele Momente, in denen wir uns nicht sicher waren, ob das klappen würde. Was für eine verrückte Idee, mitten in einer globalen Pandemie zwei Schiffe synchron in die Clarion-Clipperton-Zone (CCZ) des Pazifiks zu schicken! Warum haben wir es getan? Nun, weil es heißt: jetzt oder nie.

Das Ziel unserer Expedition ist das unabhängige Monitoring und die Untersuchung der Umweltauswirkungen von in situ-Tests des Manganknollenkollektor-Prototyps Patania II, der vom belgischen Unternehmen Global Sea Mineral Resources (GSR) im subindustriellem Maßstab 1:4 entwickelt wurde. Das Monitoring wird in enger Zusammenarbeit mit europäischen Forschungsinstituten des JPI-O MiningImpact-Konsortiums durchgeführt, die eingeladen wurden, sich dieser Kampagne anzuschließen, um gemeinsam eine fundierte wissenschaftliche Grundlage für die Analyse und Modellierung von abbaubedingten Umweltauswirkungen zu erarbeiten. GSR ist es wichtig, dass seine Kollektortests unabhängig untersucht werden und hat eng mit uns kooperiert, um die Arbeitspläne zeitlich abzustimmen. Diese Tests waren vor zwei Jahren mit einer Überwachung durch das MiningImpact-Konsortium vom deutschen Forschungsschiff SONNE aus geplant, aber ein technischer Ausfall des Strom- und Kommunikationskabels der Patania II bedeutete, dass die Versuche abgesagt werden mussten. Das war ein Rückschlag für das Projekt, das nur noch bis Ende Februar 2022 laufen soll. Es war uns klar, dass wir nicht viel Zeit zu verlieren haben, wenn wir diese geballte europäische Kompetenz zusammenhalten und sinnvoll nutzen wollen. Auch zu COVID-Zeiten... solange Vorsorgemaßnahmen umsetzbar sind und ein minimales gesundheitliches Risiko vertretbar ist.

MV ISLAND PRIDE während der Mobilisation im Hafen von San DiegoMV ISLAND PRIDE während der Mobilisation im Hafen von San Diego Quelle: Thomas Aigner



Die Logistik dieser Expedition inmitten der Pandemie, mit Start und Ende in San Diego (USA), war natürlich eine Herausforderung. Die Transporte von acht Containern mit wissenschaftlicher Ausrüstung aus Hamburg verzögerten, letztlich pandemie-bedingt, sich um mehr als vier Wochen. Aufgrund des Einreiseverbots für Europäer aus dem Schengen-Raum war die Beantragung von Visa für die USA ein langwieriger Prozess und die Genehmigungen wurden erst wenige Tage vor unseren Flügen nach Los Angeles erteilt. Alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer mussten 12 Nächte in einem Hotel in San Diego isoliert in Einzelzimmern verbringen, bevor sie das Schiff besteigen durften, aber erst nachdem sie erneut ein negatives PCR-Testergebnis vorweisen konnten. Die Höhepunkte des Tages während dieser Quarantäne waren die Online-Konferenzen zur Vorbereitung der Arbeiten auf dem Schiff sowie die Online-Sport- und Spiel-Sessions! An Bord werden für insgesamt weitere 10 Tage strenge Hygienemaßnahmen eingehalten, um das Risiko einer COVID-Infektion so weit wie möglich zu minimieren. Nur noch wenige Tage und wir können hoffentlich sicher sein, dass wir das Virus hinter uns gelassen haben.

Deck von MV ISLAND PRIDE mit gestapelten Laborcontainern und wissenschaftlichen Beprobungsgeräten (Kastengreifer, Multicorer, CTD-Kranzwasserschöpfer, BoBo lander)Deck von MV ISLAND PRIDE mit gestapelten Laborcontainern und wissenschaftlichen Beprobungsgeräten (Kastengreifer, Multicorer, CTD-Kranzwasserschöpfer, BoBo lander). Innerhalb des A-Rahmens steht einen großen “sub-sea basket”, der die hydroakustischen und optischen Sensoren zum Meeresboden transportieren soll Quelle: Thomas Aigner

Während dieser sechswöchigen Fahrt wollen wir zwei Kollektortests, jeweils einen im belgischen und deutschen Explorationsgebiet, intensiv überwachen. Es handelt sich bei Patania II um das erste selbstfahrende Abbaugerät im subindustriellen Maßstab, das jemals in dieser Wassertiefe getestet wurde. Für die Überwachung der Umweltveränderungen am und um den Meeresboden werden wir modernste Geräte wie zwei ferngesteuerte Tauchroboter (ROV), ein autonomes Unterwasserfahrzeug (AUV), in situ-Sauerstoff-Sensoren, -Inkubationskammern und Pumpen sowie 50 interkalibrierte hydroakustische und optische Sensoren zur Messung der Schwebstoffkonzentration einsetzen. 23 Wissenschaftler aus 8 Forschungsinstituten in Europa werden unter anderem das Verdriften und Absinken der vom Kollektor aufgewirbelten Sedimente, die Veränderungen der Fauna in den verschiedenen Größenklassen, biogeochemische Flüsse, Veränderungen der mikrobiellen Umsatzraten und Funktionen, in situ-Ökotoxikologie, Freisetzung von Spurenmetallen aus der Suspensionsfahne und Lärmemissionen des Kollektorfahrzeugs aufzeichnen und analysieren. Wir erwarten, dass die Ergebnisse dieser Forschungskampagne wesentlich zur Entwicklung von evidenzbasierten Umweltstandards beitragen werden, die von der Internationalen Meeresbodenbehörde als Bestandteil ihrer zukünftigen Abbauregularien gefordert werden..

Ein typisches Manganknollenfeld im deutschen Lizenzgebiet, mit einer Wassertiefe von 4100 MeternEin typisches Manganknollenfeld im deutschen Lizenzgebiet, mit einer Wassertiefe von 4100 Metern Quelle: BGR

Die MV NORMAND ENERGY mit dem Kollektor Patania II an Bord befindet sich bereits im belgischen Explorationsgebiet mit Technikern und Wissenschaftlern von GSR und dem Massachusetts Institute of Technology (MIT) an Bord. Aufgrund der verspäteten Anlieferung der Container verzögerte sich unser Auslaufen aus dem Hafen von San Diego um fünfeinhalb Tage. Wir fahren nun in süd-südwestlicher Richtung, um uns mit der NORMAND ENERGY zu treffen und unsere Arbeit so schnell wie möglich aufzunehmen. In den nächsten Wochen werden Sie uns alle besser kennenlernen und verstehen, was wir an Bord tun, wie und warum wir es tun und warum die Forschung und Überwachung in der Tiefsee so herausfordernd und spannend ist.

Bleiben Sie also dran in diesem Blog!

Viele Grüße von der ISLAND PRIDE
Annemiek Vink, Matthias Haeckel

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