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Riesiger Meteorit in der Antarktis entdeckt.

Beitrag zum Projekt:

Abbildungen und Informationen zur BGR-Pressekonferenz am Mittwoch, den 6. Februar 2008, 11 Uhr

Blaueisfeld der AntarktisBlaueisfeld Quelle: BGR

Die systematische Suche nach Meteoriten und deren Fragmenten auf Blaueisfeldern der Antarktis erfolgt bereits seit Jahrzehnten primär durch das japanische, das US-amerikanische, jüngst auch durch das chinesische Antarktisprogramm. Von deutscher Seite ist die BGR, die sich von ihrer Aufgabenstellung her nicht a priori mit Meteoriten befasst, während Feldarbeiten in der Antarktis mehrfach auf Meteoriten gestoßen
(s. hierzu: Antarktische Meteoriten-Fundstellen (PDF, 67 KB)).

1984 wurden nahe der Frontier Mountains in Nord-Victoria-Land 42 Meteoriten gefunden. 1987 wurde ein 3,5 kg schwerer Eisenmeteorit in der Shackleton Range entdeckt. Nach Einladung durch das US-Antarktisprogramm im Jahr 1988 kartierte die BGR mit Radarmessungen die Topographie unter dem Allan Hills Eisfeld in Victoria Land, das eine der höchsten Meteoritenkonzentrationen in der Antarktis aufweist. Im Verlauf dieser Arbeit wurden 180 Meteoriten gefunden.







Warum findet man so viele Meteoriten in der Antarktis?

Meteoriten sind auf Eisflächen natürlich leichter zu identifizieren als auf bewachsenen Böden. Es gibt jedoch noch einen weiteren Grund: spezielle Eisbewegungen führen an einigen Stellen zu lokalen Meteoritenanreicherungen. Wenn Eis über ein Hindernis fließen muss, bilden sich häufig sogenannte Blaueisfelder, d.h., dichtes Eis aus der Tiefe kommt an der Oberfläche zum Vorschein. Im antarktischen Sommer dampfen bei starker Sonneneinstrahlung wenige Zentimeter von der Eisoberfläche ab – physikalisch gesprochen setzt Sublimation ein. An Stellen, an denen Eis besonders langsam fließt, bilden sich Eisdepressionen, weil der Masseverlust nicht schnell genug durch zufließendes Eis ausgeglichen werden kann. In diesen Depressionen sammeln sich im Laufe von Jahrzehntausenden Meteoriten – eine Meteoritenfalle ist entstanden.


Schema einer Meteoritenfalle: Sublimation verursacht eine Eisdepression, in der sich im Laufe von Jahrzehntausenden durch Eisnachfluss herantransportierte Meteorite ansammeln.Schema einer Meteoritenfalle: Sublimation verursacht eine Eisdepression, in der sich im Laufe von Jahrzehntausenden durch Eisnachfluss herantransportierte Meteorite ansammeln. Quelle: BGR

Wenn man alle Meteoritenfundstellen in der Antarktis aufträgt, fällt auf, dass sie sich in etwa entlang des Bereichs zwischen der 2000 m bis 2400 m Höhenlinie konzentrieren. Ein wichtiger Grund ist, dass ab dieser Höhe das Eis kalt genug ist, um ein Einsinken von aufliegendem Gestein zu verhindern. In wärmerem Eis absorbieren dunkle Gesteine so viel Wärme, dass sie einen Schmelzkanal verursachen und ins Eis einsinken. Nicht so bei -30°C kaltem Eis, das sich ab ca. 2000 m Höhe in der Antarktis findet. Es gibt aber noch ein weiteres Kriterium. Meteoritenfallen, in denen Meteoriten mit terrestrischen Altern von mehreren 10 000 Jahren gefangen sind, können nur dort existieren, wo sich die verursachenden Eisbewegungen über Jahrzehntausende kaum geändert haben. Auf diesen Umstand hatte bereits 1983 der damalige Leiter des US-Meteoritensuchprogramms, W.A. Cassidy, hingewiesen.
Georg Delisle (BGR) hat über ein 1993 publiziertes glaziologisches Modell für die Ostantarktis argumentiert, dass Eisflächen in 2000 m bis 2400 m Höhe im Wechsel von Kalt- und Warmzeiten die geringsten Eisschwankungen erfahren sollten.

Diese Überlegungen und theoretischen Ansätze waren für die BGR Anlass, eine erhöhte Meteoritenkonzentration auf einem spezifischen Eisfeld in Queen-Maud-Land zu vermuten.


Meteoritenfunde während Queenmet




Der erste Meteoritenfund auf den QueenMET-IcefieldsDer erste Meteoritenfund auf den QueenMET-Icefields Quelle: BGR

Mit der Expedition Queenmet wurde diese südöstlich des Wohlthatmassivs gelegene Region im Dronning-Maud-Land (engl.: Queen Maud Land) – nun vorerst inoffiziell „Queenmet Icefields“ genannt - aufgesucht. Dort wurde – wie vorhergesagt - eine Meteoritenkonzentration im Umfeld von 16°E; 72°20’S vorgefunden. Ihre Existenz legt eine über einen längeren Zeitraum stabile glaziologische Situation mit geringen Eisgeschwindigkeiten nahe. Einer der 16 gefundenen Meteoriten wiegt ca. 31 kg.

Kartenmäßige Darstellung der Lage aller gefundenen Meteoriten auf den Queenmet IcefieldsKartenmäßige Darstellung der Lage aller gefundenen Meteoriten auf den Queenmet Icefields Quelle: Google Earth


Die aufgezeigte Verteilung von Blaueisfeldern auf Basis einer Satellitenaufnahme entspricht im Detail nicht der von Queenmet vorgefundenen Situation. Diese Aufnahme (aufgenommen im antarktischen Früh- oder Spätsommer?) zeigt eine flächig intensivere Schneebedeckung als von Queenmet angetroffen. Die Queenmet Icefields umfassen alle in obiger Karte gezeigten Blaueisfelder. Die Längsersteckung des Gebietes beträgt ca. 17 km.

Das Untersuchungsgebiet zeigt eine ausgeprägte Topographie mit weit ausladenden Senken, seitwärts begrenzt von Blaueis- oder Schneerücken.

Die Hauptmenge aller Fundstücke wurde an Eisflanken von Eisdepressionen entdeckt. Das Durchschnittsgewicht aller gefundenen Steinmeteoriten (unter Ausschluss von QMI07009) ist mit 49,4 Gramm überdurchschnittlich hoch. Traditionell ergibt sich bei umfassend angelegten Meteoritensuchaktionen auf antarktischen Blaueisfeldern ein Massendurchschnittswert im Bereich von 10 bis 20 Gramm, wobei ein erheblicher Teil des Fundmaterials der so genannten „windgeblasenen“ Fraktion zuzuordnen ist. Windgeblasene Fundstücke sind in aller Regel Meteoritenfragmente, die wegen ihrer Leichtigkeit vom Wind über das Eis bis zu einer Eis-Firngrenze geblasen werden, wobei sie in letzterem hängen bleiben. Eine derartige Zone ist von Queenmet nicht aufgefunden worden, möglicherweise, weil der Grad der regionalen Schneebedeckung während des Aufenthaltes zu groß war. Alternativ ist nicht auszuschließen, dass die Schnee-Firngrenze bereits im Einzugsbereich rasch nach Norden zur Küste abfließenden Eises liegt, so dass keine Konzentration an Meteoritenfragmenten zustande kommt.

Die Hauptkonzentration an gefundenen Meteoriten liegt auf Blaueis an den Flanken einer flachen Depression, über die ein Radarprofil gelegt worden ist. Die gemessene Eismächtigkeit (im Schnitt 240 m) in Verbindung mit der aus GPS-Höhenmessungen abschätzbaren Oberflächenneigung von ca. 0.01 m/m legt außerordentlich geringe Eisbewegungen in der Größenordnung von cm/a nahe. Das 2,3 km lange Profil ist in etwa zwischen den Meteoriten-Fundpunkten 5 und 7 angelegt.

Vertikalschnitte: Meteoritenfunde sind über den Flanken von Subeiserhebungen konzentriertVertikalschnitte: Meteoritenfunde sind über den Flanken von Subeiserhebungen konzentriert Quelle: BGR



Die wellige Topographie der regionalen Eisoberfläche reflektiert z. T. die Welligkeit des Untergrundes, ist aber auch durch örtliche Auflagen von Schutt, der eine Reduktion der jährlichen Eis-Sublimationsrate bewirken kann, beeinflusst.








Weitere Untersuchungen werden klären, welche terrestrischen Alter alle geborgenen Meteoriten aufweisen. Diese Daten werden zusammen mit weiteren Arbeitsergebnissen unsere Vorstellungen bzgl. der langzeitlichen Eisstandsschwankungen in der Region konkretisieren, die durch Kalt- und Warmzeiten der letzten Jahrhunderttausende verursacht wurde. Bisherige Arbeiten haben gezeigt, dass die gesamte Region in den letzten Jahrmillionen entweder einer ± steten Hebung und/oder einer steten Reduzierung des Eisstandes unterlag. Belege für drastische Eisschwankungen im Verlauf eines Kalt-Warmzeit-Zyklus wurden nicht gefunden.




Logistik

Der Zugang zur Antarktis konnte lange Zeit nur per Schiff oder über Flugzeuge des US-amerikanischen Antarktisprogramms erfolgen. Seit 2002 existiert ein weiterer Zugangsweg von Kapstadt aus. Die Organisation DROMLAN (Dronning Maud Land Air Network) führt eine Serie von Flügen zu einer Landebahn (Novo Runway) nahe der russischen Station Novolazarevskaya in Dronning-Maud-Land/Antarktis, bzw. in Ausnahmefällen zu einer Landebahn nahe der norwegischen Antarktisstation Troll durch. Das DROMLAN Netzwerk wird von einem Konsortium von 11 nationalen Programmen, die in der Antarktis Forschungsstationen unterhalten oder dort operieren, unterstützt. Von deutscher Seite aus koordiniert das Alfred-Wegener-Institut für Meeres- und Polarforschung in Bremerhaven (AWI) die Aktivitäten innerhalb DROMLAN.
(Siehe auch: http://www.scar.org/information/dromlan/dromlanflyer.pdf)
Die Flüge von Kapstadt aus werden vom Antarctic Logistics Centre International (ALCI) mit einer Ilyushin 76TD (Cargo-/Passagierversion) durchgeführt.

Die mit dem QueenMET-Team auf Novo Runway gelandete Ilyushin 76TDDie mit dem QueenMET-Team auf Novo Runway gelandete Ilyushin 76TD Quelle: BGR

Die Polar 5 beim Abflug vom QueenMET – Arbeitsgebiet (22.11.2007)Die Polar 5 beim Abflug vom QueenMET – Arbeitsgebiet (22.11.2007) Quelle: BGR

Novo Runway dient als Knotenpunkt für Weiterflüge zu den verschiedenen Stationen in Dronning-Maud-Land, die in der Saison 2007/08 durch drei Basler (BT-67) Flugzeuge, darunter die neue Polar 5 des AWI, durchgeführt wurden.

Die BGR-Expedition QueenMET hat nach Vermittlung durch AWI diese Verbindung nutzen können. Der Abflug erfolgte am 15.11.2007 von Kapstadt nach Novo. Am 18.11.2007 wurde das gesamte Expeditionsteam von Novo aus mit der Polar 5 des AWI zum Einsatzgebiet auf dem Polarplateau geflogen. Der Rückflug fand am 22.12.2007 statt. Die Rückkehr nach Kapstadt erfolgte flugtechnisch bedingt über Troll am 6.1.2008.

Das Camp bestand aus 3 pyramidenförmigen Scott-Zelten, deren Eingang im Unterschied zu normalen Zelten aus einem schneesicher verschließbaren Tunnel besteht. Die Feldarbeiten erfolgten mit Skidoos und zu Fuß. Insgesamt wurden während der Expedition Queenmet rund 150 km2 Gelände abgesucht.

Das QueenMET Camp am Rand des antarktischen PlateausDas QueenMET Camp am Rand des antarktischen Plateaus Quelle: BGR

Geländearbeit mit SkidoosGeländearbeit mit Skidoos Quelle: BGR

Literatur:

  • ALTMAIER, M., HERPERS, U., DELISLE, G., MERCHEL, S. & Ott, U. (2010): Glaciation history of Queen Maud Land (Antarctica) reconstructed from In-situ produced cosmogenic 10Be, 26Al and 21 Ne. Polar Science, 4, 1-42-61.
  • DELISLE, G. (1993): Global change, Antarctic meteorite traps and the East Antarctic ice sheet. – Journal of Glaciology, 39(132), 397-408.
  • DELISLE, G. (1995): Storage of meteorites in Antarctic ice during glacial and interglacial stages. – In: Schultz, L. Annexstad, J.O. & Zolensky, M.E. (eds), Nördlingen, July 20-22,1994, LPT Technical Report No. 95-02, 26-27.
  • DELISLE, G. & SIEVERS, J. (1991): Subice topography and meteorite finds near the Allan Hills and the Near Western Icefield, Victoria Land, Antarctica. – JGR, 96(E1), 15577-15587.
  • DELISLE, G., SCHULTZ, L., SPETTEL, B., WEBER, H.W., WLOTZKA, F., HÖFLE, H.-CH., THIERBACH, R., VOGT, S., HERPERS, U., BONANI, G., SUTER, M. & WÖLFLI, W. (1989): Meteorite Concentrations and Glaciological Parameters near the Frontier Mountain Range, north Victoria Land. Geol. Jb. E38, 483-513, Hannover.
  • DELISLE, G., KOEBERL, C., BRANDSTAETTER F. & QUEENMET SCIENTIFIC PARTY (2009): Discovery of a New Meteorite Concentration Site in Queen Maud Land, Antarctica (Abstract), Meteoritics, v.44 (Suppl.), A61..
  • ROLAND, N.W., KLEINSCHMIDT, G. & BUGGISCH, W. (1988): Geological expedition to the Shackleton Range - Geisha 1987/88 - Nappe Structure and a meteorite find. - BGR Circular 7.
  • SCHULTZ, L., SPETTEL, B., WEBER, H.-W., HÖFLE, H.-C., BUCHWALD, V., BREMER, K., HERPERS, U., NEUBAUER, K. & NEUMANN, K. (1989): Mt. Wegener, a new Antarctic iron meteorite. - Meteoritics, 24: 324.
  • WIESEL, H., DELISLE, G., KUCZEWSKI, B., KUBIK, P., OTTO, U. HERPERS, U. (2010): Glaciation history of Queen Maud Land (Antarctica) – new exposure data from Nunataks. 24. Int. Polartagung der Deutschen Gesellschaft für Polarforschung Obergurgl/Österreich, 6. – 10. September 2010.

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