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II/20: Ein Tintenfisch in Weichteilerhaltung aus dem Jurameer

Das Sammlungsobjekt des Quartals

Loligosepia aalensis ist das Fossil eines Tintenfisches (Coleoidea), genauer gesagt, eines Verwandten der Oktopusse. Anders als Sepien oder Belemniten haben Oktopusse kein mineralisiertes Innenskelett, sondern eines aus Chitin. Fossilien dieser Tiere sind daher selten erhalten und nur dann, wenn besondere Erhaltungsbedingungen am Meeresboden vorherrschten. Das Stück stammt aus der Posidonienschiefer-Formation (Toarcium) des westlichen Vorlandes der Schwäbischen Alb, bei Dotternhausen. Es ist damit circa 180 Millionen Jahre alt. Diese Gesteinsformation wird im Wesentlichen durch dunkle, sehr feingeschichtete Tonschiefer aufgebaut. Die dunkle Farbe des „Schiefers“ wird verursacht durch einen hohen Anteil an organischem Kohlenstoff und fein verteiltem Pyrit. Beides ist, neben der Feinschichtung, Ausdruck für die Sauerstoffarmut, die während der Bildung der Posidonienschiefer-Formation am Meeresboden geherrscht hat. Die Bedingungen am Meeresboden waren lebensfeindlich. Es lebten dort also nur wenige Organismen, die die zum Meeresboden gesunkenen Tierkadaver zerstörten. Das Ergebnis dieser Bedingungen ist die Vielzahl der hervorragend erhaltenen Fossilien, die wir aus der Posidonienschiefer-Formation kennen und in den weltbekannten Museen in Dotternhausen und Holzmaden bewundern können.

Unsere Loligosepia aalensis befindet sich im Zentrum einer großen Kalkkonkretion. Im Albvorland werden diese Konkretionen „Laibsteine“ oder auch „Balinger Laible“ genannt. Beschrieben wird damit die an einen Brotlaib erinnernde Form der Konkretion. Die Konkretionen bildeten sich um verwesende Tierkadaver, im vorliegendem Fall um Loligosepia aalensis. Durch die Verwesung des Fossils kam es zu einer lokalen Erhöhung des pH-Wertes und dadurch zu einer lokalen Fällung von Karbonat. Das Sediment um das Fossil wurde dadurch schon in einem frühen Stadium der Gesteinswerdung härter als seine Umgebung und führte dazu, dass Teile des Fossils sogar körperlich erhalten sind und nicht, wie im umliegenden Gestein, flach gedrückt.

Detailaufnahmen von Loligosepia aalensis (pdf)Detailaufnahmen von Loligosepia aalensis (pdf) Quelle: BGR; Fotos: Jens Rätz

Am Stück selbst fallen links im Bild kronenartige Fortsätze auf. Dabei handelt es sich tatsächlich um die sogenannte „Armkrone“ des Tintenfischs, seine Fangarme. Ursprünglich, wie man seit kurzer Zeit weiß, hatte Loligospepia acht Fangarme und zählt daher, wie der Name sagt, zu den Oktopussen (altgriechisch acht = okto). Ebenfalls klar erkennbar ist der Tintensack des Tieres in der Mitte des Fossils. Die fossilen Reste der Tinte sind als bitumenartig erhaltene, schwarze, vielwinklige Stücke erkennbar. Der Tintensack wird durch eine röhrenförmige Struktur mit dem Kopf verbunden. Dabei handelt es sich um den Tintenausfuhrgang. Auch er ist mit fossiler Tinte gefüllt. Die weiße Farbe der erhaltenen Weichteile weist auf eine Phosphatisierung hin. Den Großteil des Fossils macht dessen „Mantel“ aus, also der muskuläre Eingeweidesack der Loligosepia aalensis. Besonders gut zu erkennen ist hier das streifige Muster, welches von Paläontologen als Muskelfasern gedeutet wird.

Seltsamer Name: Loligo ist der zoologische Gattungsname der Kalmare. Kalmare sind nur entfernt mit den früher als Kuttelfische bezeichneten Sepien verwandt. Der Name Loligosepia aalensis („Kalmarkuttelfisch aus Aalen“) deutet also auf ein seltsames Mischwesen hin. Dabei hat das Tier weder etwas mit Sepia noch mit Loligo zu tun. Sepia und Loligo gehören zu den Zehn-Armern (Decabrachia) und Sepia hat zudem, wie oben erwähnt, ein mineralisiertes Innenskelett. Vor allem wegen des torpedoförmigen Körpers und des stilförmigen Innenskeletts aus Chitin (der Galdius) glaubte man lange, dass es sich bei Loligosepia um einen Kalmar-artigen Tintenfisch ("Teuthiden") handelt. Mittlerweile ist jedoch klar belegt, dass Loligosepia zu den achtarmigen Tintenfischen zählt, wahrscheinlich zu den sogenannten Vampyromorpha (Vampirtintenfischähnliche; Fuchs et al., 2013).

Unser Objekt des Quartals ist Teil einer beeindruckenden Sammlung von Fossilien aus dem schwäbischen Unterjura, die wir 2019 von den Erben des 2017 verstorbenen Hobbypaläontologen Georg Nill aus Bodelshausen, Landkreis Tübingen, für die Sammlung in Berlin-Spandau übernehmen konnten.

Literatur: Fuchs, D., Keupp, H., Schweigert, G. (2013). First record of complete arm crowns of the Early Jurassic coleoid Loligosepia (Cephalopoda), Paläontologische Zeitschrift, 87: 431-435.

Autoren: Jochen Erbacher & Dirk Fuchs

Übrigens: Die BGR unterhält Sammlungen in Berlin und Hannover, hier in Zusammenarbeit mit dem Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG). Sie gehören zu den großen geowissenschaftlichen Sammlungen in Deutschland.

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Kontakt

    
Prof. Dr. Jochen Erbacher
Tel.: +49-(0)511-643-2795
Fax: +49-(0)511-643-532795

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