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Natürliche Schadstoffminderung im Grundwasser von Hannover-Südstadt

Land / Region: Bundesrepublik Deutschland / Niedersachsen

Projektanfang: 01.01.2003

Projektende: 31.12.2007

Projektstand: 31.12.2007

Hintergrund:
Im Rahmen des BMBF–Forschungsverbundes "Kontrollierter natürlicher Rückhalt und Abbau von Schadstoffen bei der Sanierung kontaminierter Grundwässer und Böden (KORA)" wurde am Standort Hannover–Südstadt eine ca. 2 km² ausgedehnte LCKW–Fahne intensiv untersucht, um Art und Umfang der natürlichen Schadstoffminderung zu ermitteln. Die seit 1998 gesicherte Primärquelle, sowie die davon abgelöste und überwiegend aus den Trichlorethen–Metaboliten 1,2-cis-Dichlorethen und Vinylchlorid bestehende Fahne im tieferen Bereich des ungespannten, quartären, sandig–kiesigen Grundwasserleiter ist kennzeichnend für den dicht bebauten Standort.

Ziel des Standortprojektes war es, der zuständigen Behörde ein Instrument für den weiteren Umgang mit dem Schadensfall bereitzustellen, welches das noch vorhandene Schadstoffinventar und die am Standort wirksamen Schadstoffminderungsprozesse berücksichtigt und die folgenden zwei Fragen beantwortet:

  • Existiert eine natürliche Schadstoffminderung (Natural Attenuation) am Standort, die bis auf Weiteres anhalten und weitere aktive Maßnahmen überflüssig machen wird?
  • Können ansonsten die Schadstoffminderung unterstützende biologische in–situ–Techniken sinnvoll eingesetzt werden (Enhanced Natural Attenuation)?

Schwerpunkt im Themenverbund 3 (TV3)-Standortprojekt Hannover-Südstadt (einem von insgesamt 8 Themenverbünden im Förderschwerpunkt KORA) war die Prüfung der Anwendbarkeit "überwachter natürlicher Schadstoffminderung (engl.: Monitored Natural Attenuation (MNA)) im urbanen Raum bei gesicherter Primärquelle".

Die fünf anderen Standortprojekte des TV3 in Perleberg, Karlsruhe-Ost / Killisfeld, Düsseldorf, Rosengarten / Ehestorf und Frankenthal besaßen entsprechend ihrer hydrogeologischen Randbedingungen, ihrer Quell-Situation sowie ihrer Schadens- und Sanierungsgeschichte komplementäre thematische Schwerpunkte (siehe Abbildung).

Das TV3-Standortprojekt Hannover-Südstadt war zwischen den Projektpartnern Landeshauptstadt Hannover u. Region Hannover, Landesamt für Bergbau Energie und Geologie (LBEG, NLfB bis 2005) mit der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) sowie der Christian-Albrechts Universität zu Kiel (CAU) als Verbundprojekt mit Kooperationsvertrag gestaltet. Der Titel des TV3-Standortprojekts lautet: "Raumdifferenziertes innovatives Monitoring von LCKW-Grundwasserkontaminationen am Beispiel von Hannover-Südstadt"

Aufgabenverteilung und Workflow im KORA TV3—Standortprojekt "Hannover- Südstadt"Abb. 2: Aufgabenverteilung und Workflow Quelle: BGR / LBEG

Das Verbundprojekt wurde seit 2003 von der Landeshauptstadt (Boden- und Grundwasserschutz) geleitet, die gleichzeitig Sanierungspflichtiger ist. Die Landeshauptstadt war auch Träger des gleichnamigen Teilprojekts 1, in dem regional tätige Ingenieurbüros wichtige Projektleistungen, so z.B. das reaktive Grundwasser-Transportmodell, Prozessuntersuchungen zur Schadstoffsoption am Standort, Koordination und δ13C-Isotopie der Abbauprodukte erbracht haben. Im Zuge des Bearbeitungsfortschritts kam mit einem Aufstockungsantrag ab Spätsommer 2006 das Leibniz-Institut für Angewandte Geophysik (LIAG, zuvor GGA) mit einem Projekt zur Scherwellen-Seismik hinzu. Das TV3-Standortprojekt profitierte vom Austausch im TV3, so unter anderem beim direkten genetischen Nachweis reduktiver Dechlorierer aus Grundwasser (FAL Braunschweig), der gezielten lokalen Verdichtung des Messnetzes mittels Direct-Push-Verfahren (Zentrum für Umweltforschung UFZ) und der Bestimmung der Wasserstoff-Konzentration im Grundwasser (Dissertation Alter, M.). Gegenstand des Teilprojekts 3 der CAU war die "Modellierung der Abbaukinetik chlorierter Kohlenwasserstoffe".

Teilprojekt 2 "Datenmanagement und dreidimensionales, hydrogeologisches und hydrogeochemisches Untergrundmodell Hannover Südstadt" wurde ab 2003 bis 2007 gemeinsam von LBEG und BGR bearbeitet. Schwerpunkte der intensiven, prozessorientierten Standorterkundung waren

  • die Bewertung der Altdaten,
  • die Prüfung und der Ausbau des Grundwassermessnetzes in einem dicht bewohnten Stadtteil,
  • die Durchführung eines mehrjährigen qualitätsgesicherten Grundwassermonitorings,
  • die anorganische und organische Analytik auf Kontaminanten, deren Abbauprodukte, Elektronenakzeptoren und gelösten Gase sowie
  • die geochemische Beschreibung des Grundwasserleiters.

Auch Prozessuntersuchungen zur Schadstoff-Sorption / Desorption konnten im Rahmen einer Vergabe im Labor durchgeführt werden. Die Arbeits- und Monitoring- Ergebnisse wurden in relationalen Datenbanken bereitgestellt und mit Hilfe von GIS aggregiert. Dabei konnte die geochemische Zonierung des Grundwasserkörpers räumlich detailliert beschrieben und die gelösten Schadstoffmengen inventarisiert werden. Den Partnern aus den anderen Teilprojekten wurden damit die Anfangs- und Randbedingungen für die numerische reaktive Stofftransportmodellierung zur Verfügung gestellt.

Damit ist der Weg umrissen, der zur Formulierung der im Projekt bevorzugten Standort-Hypothese "Verstärkte Sorption im Grundwasserleiter bei niedrigen TOC-Gehalten" im reaktiven Schadstofftransportmodellierung führte. Für das Szenario "Weitere Entwicklung des Grundwasserschadensfalles ohne weitere Sanierungsmaßnahmen" wurde die dreidimensionale Modellprognose unter Berücksichtigung von zwei hydrochemischen Abbauzonen mit insgesamt 15 reaktiven Spezies erstellt. Im Ergebnis ist ein langsamer, weiterer Rückgang der Spitzenkonzentrationen im Fahnenzentrum und ein Volumenverlust der Fahne durch schrumpfende Fahnenränder zu erwarten. In etwa 30 Jahren werden für das wichtigste Abbauprodukt Cis-1.2-Dichlorethen (cDCE) Maximalkonzentrationen in der Größenordnung von 150 µg/L erwartet.

Der Standort Hannover-Südstadt besitzt damit einen Grundwasserleiter, der durch langsame (kinetisch gesteuerte) Desorption von Schadstoffen aus dem Korngerüst selbst zu einer (sekundären) Schadstoffquelle geworden ist. In der Sandfraktion befinden sich Kohlepartikel unterschiedlicher Herkunft, auf denen die Schadstoffe gespeichert sind. Entscheidend sind dabei nicht die geringen mittleren Gehalte an organischem Kohlenstoff, sondern der kohlepetrografisch bestimmte Typ des im Grundwasserleiter vorliegenden organischen Kohlenstoffs.

Ergebnisse:
Die Landeshauptstadt und Region Hannover hat als Ergebnis des Verbundprojekts beschlossen, keine weiteren aktiven Sanierungsmaßnahmen der Schadstofffahne mehr durchzuführen. Stattdessen werden die Richtigkeit der Prozessvorstellungen zum Schadstoffabbau am Standort und die Richtigkeit der Modellprognosen durch Monitoring der Grundwasserbeschaffenheit überprüft. Wurden 2008 20 ausgewählte Grundwassermessstellen im Rahmen des "Trend-Monitorings" beprobt, um etwaige Veränderungen (Stabilität der Fahne) zu erkennen, beauftragte die Region 2009 ein "Status-Monitoring" des gesamten Messnetzes von rund 115 Messstellen. Dabei wurden dieselben Probenentnahmebedingungen eingehalten (Hydraulik, Güte – und Volumenkriterium + Analytik) wie im BMBF-Projekt, um die Vergleichbarkeit der Daten sicherzustellen.

Detaillierte Ergebnisse aus der Projektbearbeitung

Literatur:

  1. BEILECKE, T. & POLOM, U. (2007): Reflexionsseismische Messungen Hannover-Südstadt. BMBF-Abschlussbericht zum Förderkennzeichen 02WN0368, Förderschwerpunkt KORA, Themenverbund 3, GGA-Bericht, Hannover, Archiv-Nr. 0126542.
  2. DETHLEFSEN, F., KRINGEL, R., SCHLENZ, B., WIENBERG, R., HOFFMANN, S. & ENGESER, B. (2007): Retardation through sorption of CHC on coal particles: from a working hypothesis to the key parameter. Book of Abstracts: 3rd European Conference on Natural Attenuation and In-situ Remediation, Dechema e.V., Frankfurt (M), 19.-21. November.
  3. FISCHER, K., HOFFMANN, S., KRINGEL, R. & BLUMÖHR, R. (2005): Erkundung von Schadstofffahnen in urbanen Bereichen. BBR, 12., S. 70-77.
  4. HOFFMANN, S., BEILECKE, T., WERBAN, U., LEVEN, C., ENGESER, B. & POLOM, U. (2008): Integrierter Einsatz von Scherwellenseismik und Direct-Push-Verfahren zur Erkundung eines urbanen Grundwasserleiters. - Grundwasser 13(2): 78-90. doi: 10.1007/s00767-008-0067-8
  5. HOFFMANN, S. & KRINGEL, R. (2008): Datenmanagement und dreidimensionales, hydrogeologisches u. hydrogeochemisches Untergrundmodell (Hannover-Südstadt). Unveröfftl. BMBF Abschlussbericht Teilprojekt 2 im KORA TV3 Verbund: 419 S.; LBEG & BGR, Hannover. (PDF, 24 MB)
  6. KRINGEL, R., BAHR, A., MAUTALEN, C. & JOBARD, A. (2008): Einsatz der 3D-Module von GRASS zur Inventarisierung gelöster Schadstoffe im BMBF-KORA Standortprojekt "Hannover-Südstadt". - Vortrag gehalten auf der Konferenz für Freie und Open Source Software für Geoinformationssysteme (FOSSGIS), 1.-3. April 2008, Albert-Ludwigs-Universität, Freiburg i.B. (PDF, 2 MB)
  7. KRINGEL, R., BAHR, A., MAUTALEN, C., JOBARD, A., VIDAL. H., WEHNER, H., FLOHR, F., GLATTE, W., FISCHER, K. & HOFFMAN, S. (2006): Bestimmung des gelösten Stoffinventars einer LHKW-Fahne im Grundwasser mit Open Source GIS GRASS. Tagungshandbuch: 8. Symposium Natural Attenuation, Dechema e.V., Frankfurt (M), 19.-21. November.
  8. KRINGEL, R., WEGNER, M., WIESCHEMEYER, M., HOFFMANN, S., DETHLEFSEN, F., SCHLENZ, B., POGGENDORF, C., WIENBERG, R., BEILECKE, T., ENGESER, B. & BLUMÖHR, R. (2007): Predicting Natural Attenuation of a large urban CHC-plume to aid regulatory decision making. Vortrag gehalten auf der 3rd European Conference on Natural Attenuation and In-situ Remediation, Dechema e.V., Frankfurt (M), 19.-21. November. (PDF, 5 MB)
  9. LANDESHAUPTSTADT & REGION HANNOVER (2007): Abschlußbericht: Raumdifferenziertes innovatives Monitoring von CKW-Grundwasser-Kontaminationen in einem strukturierten Lockergesteinsaquifer am Beispiel eines CKW-Schadensfalls in Hannover-Südstadt; Förderkennzeichen 02WN0367. Unveröfftl. BMBF Endbericht, KORA TV3, 3.1 "Raumdifferenziertes innovatives Monitoring von CKW-Grundwasserkontaminationen in einem strukturierten Lockergesteinsaquifer am Beispiel eines CKW-Schadensfalles in Hannover-Südstadt", TP1, Landeshauptstadt und Region Hannover (Federführung) mit den AN: Mull und Partner GmbH, Labor Dr. Wienberg GmbH, Hannover, 122 S.
  10. WIESCHEMEYER, M., WEGNER, M., KRINGEL, R., HOFFMANN, S., BLUMÖHR, R., POGGENDORF, C., SCHLENZ, B. & WIENBERG, R. (2007): Das Natural-Attenuation Modell Hannover-Südstadt als Entscheidungshilfe für den Vollzug. - Vortrag gehalten auf dem 9. Symposium Natural Attenuation, Dechema e.V., Frankfurt (M), 21.- 22. November. (PDF, 7 MB)
  11. SCHLENZ, B., DAHMKE, A. & SCHÄFER, D. (2008): Poster zum Schlussbericht KORA TV 3, Raumdifferenziertes innovatives Monitoring von CKW-Grundwasserkontaminationen am Beispiel Hannover-Südstadt TP3: Modellierung der Abbaukinetik chlorierter Kohlenwasserstoffe. CAU Kiel, BMBF Abschlußbericht FKZ 02WN0369, Kiel. (PDF, 288 KB)

Partner:

  • Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG)
  • Landeshauptstadt Hannover u. Region Hannover – Boden- und Grundwasserschutz (67.12) (Verbund-Projektleitung)
  • Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, Institut für Geowissenschaften, Abteilung Angewandte Geologie
  • Leibniz-Institut für Angewandte Geophysik

    Unter Beteiligung von:

  • Mull und Partner Ingenieurgesellschaft mbH (seit 2009: M&P Geonova)
  • Umwelttechnisches Labor Dr. Reinhard Wienberg (seit 2006: BWS GmbH)
  • BIG Prof. Burmeier Ingenieurgesellschaft mbH
  • Institut für Geologie und Umwelt GmbH

Förderungsnummer:

02WN0368 (Teilprojekt 2); gefördert mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF)

Kontakt:

    
Dr. Robert Kringel
Tel.: +49-(0)511-643-2452
Fax: +49-(0)511-643-3664

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