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Einzelprojekt 1: Seismische Monitoringkonzepte und bruchmechanische Bewertungen für komplexe Geothermiefelder am Beispiel Südpfalz

Der Zusammenhang zwischen der menschlichen Aktivität an einer Geothermiebohrung und der induzierten Seismizität wurde bisher hauptsächlich für das einfachste System, eine hydraulische Stimulation, untersucht. Zum Zirkulationsbetrieb in einer Bohrlochdublette wurden im Rahmen von MAGS1 erste Untersuchungen durchgeführt. Der Zusammenhang zwischen hydraulischen Betriebsparametern und Seismizität in komplexen Geothermiefeldern wurde bisher kaum untersucht. Dieser muss aber verstanden sein, um die Änderung von Betriebsparametern, z.B. Reduktion der Fließrate oder des Injektionsdrucks, zur Reduktion der seismischen Gefährdung zu nutzen. Hier setzt MAGS2 an. In EP1 liegt der Schwerpunkt auf der Entwicklung seismischer Monitoringkonzepte und der bruchmechanische Bewertungen für komplexe Geothermiefelder am Beispiel Südpfalz. Für das Untersuchungsgebiet liegen seismische Ereignisse zweier Gebiete vor, zum einen um das Geothermiekraftwerk Landau (seit 2007), zum anderen um das benachbarte Werk Insheim (seit 2010).

Die im Rahmen von MAGS1 begonnene seismologische Datenerfassung im Raum Landau und Insheim wird fortgesetzt. Hierzu installierten und betrieben das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) ein lokales Netzwerk seismologischer Messstationen aus bis zu 22 Oberflächen- und zwei Bohrloch-Stationen mit Unterstützung des Landeserdbebendienstes Rheinland-Pfalz (LER). Durch Verwendung einer seismologischen Bohrlochstation kann das Rauschniveau um etwa den Faktor 10 im Vergleich zu den seismischen Oberflächenstationen verringert werden. So konnte die Detektionsschwelle um eine Magnitude reduziert werden. Im Rahmen von MAGS2 werden die seismologische Datenerfassung und -auswertung von der BGR und dem LER fortgeführt. Neben den bereits während MAGS1 installierten Stationen wurde das Stationsnetz der BGR um vier Stationen an ehemaligen KIT-Standorten erweitert. Um die Lokalisierung der Mikroerdbeben zu verbessern, werden zudem zwei weitere Bohrlochstationen vom LER eingerichtet. Die in Echtzeit übertragenen Daten werden am LER sowie an der BGR mit Daten anderer Stationen zusammengeführt und ausgewertet. In EP1 wird insbesondere der in MAGS1 entwickelte Korrelationsdetektor eingesetzt und falls nötig, weiter verbessert, um seismische Ereignisse im kontinuierlichen Datenstrom automatisch und in Echtzeit zu identifizieren. Ziel ist dabei eine wissenschaftlich fundierte automatische Alarmierung. Die genaue manuelle Herdlokalisierung erfolgt zeitnah am LER und ermöglicht die Abbildung der räumlichen und zeitlichen Entwicklung der Mikroseismizität. Von besonderem Interesse ist dabei die Identifikation der jeweiligen mikroseismisch aktiven Volumen der Standorte Landau und Insheim und die Beobachtung des seismisch inaktiven Gebiets zwischen den beiden Standorten.

Wir führen empirische Korrelationen zwischen den hydraulischen Betriebsparametern an den Geothermiebohrungen und der aufgetretenen Seismizität durch, um die seismizitätsbestimmenden Betriebsparameter zu ermitteln und mögliche zeitliche Verzögerungen zwischen einer Änderung der hydraulischen Parameter und einer daraus resultierenden Änderung in der Seismizität festzustellen. Die dazugehörigen physikalischen Modelle, die die Beziehungen kausal erklären, werden an Hand numerischer Simulationen insbesondere in den Einzelprojekten 5 und 6 entwickelt.
Durch die Analyse der Bruchmechanik ergeben sich wichtige Informationen zur Ursache der induzierten Erdbeben, die Ausdruck des bruchhaften Spannungsabbaus in der Kruste sind und über ihren Herdmechanismus den anliegenden Spannungszustand reflektieren. Wir bestimmen die Erdbebenherdmechanismen, darauf aufbauend das Spannungsfeld und die Reibungsparameter. Mit dieser dreiteiligen, sich ergänzenden seismotektonischen Analyse wird ein Zugang zum Verständnis fluidbeeinflusster Spannungsumwandlung im Umfeld von Geothermiekraftwerken angestrebt. Durch die Abschätzung der Reibungsparameter lassen sich Gebiete mit erhöhtem Porenfluiddruck oder herabgesetzter Scherfestigkeit identifizieren. Die gemeinsame Betrachtung von bruchspezifischen Parametern und strukturgeologischen Elementen kann weitere Aufschlüsse über das Aktivierungspotential von Störungen bzw. seismischen Ereignissen geben und ist somit von Bedeutung für die Gefährdungsabschätzung.
Die DIN4150-3 gibt Grenzwerte für die (frequenzabhängige) Bodenschwinggeschwindigkeit (Peak Ground Velocity, PGV) an, ab denen Schäden an bestimmten Gebäudeklassen auftreten können. In der Praxis kann nur an einigen Standorten exemplarisch der PGV-Wert gemessen werden. Aus diesen muss die flächenhafte Verteilung abgeschätzt werden. Ein wesentlicher bisher ungelöster Punkt ist die Abschätzung von Unsicherheiten und Fehlerbereichen, die sich aus der Interpolation zwischen den Messpunkten ergibt. Im Rahmen von MAGS2 sollen die bekannten Methoden zur Erzeugung von Erschütterungskarten von Starkbeben auf induzierte Erdbeben übertragen und auch die Unsicherheiten in den Erschütterungskarten analysiert und genauer beschrieben werden. Hierzu werden die seismische Wellenausbreitung und die maximalen Bodenschwinggeschwindigkeiten an der Erdoberfläche simuliert. Dazu sind neben den elastischen Parametern auch die Dämpfungseigenschaften der Erde von zentraler Bedeutung. Eine Methode, um diese zu messen, ist die Inversion nach der Energietransfertheorie, die für jeden Frequenzbereich separat die Absorption und die Streudämpfung bestimmt. Die gewonnenen Dämpfungsparameter gehen in numerische Simulationen der viskoelastischen Wellenausbreitung ein. Hierbei wird zunächst in einem vereinfachten Modell nur der Einfluss der kleinskaligen Heterogenitäten auf die an der Erdoberfläche beobachteten PGV-Werte analysiert. Zusätzlich sollen die Effekte von Standortverstärkungsfaktoren und Herdmechanismen auf die PGV-Werte simuliert werden. Schließlich sollen Algorithmen zur Interpolation von PGV-Werten zwischen Seismometerstandorten entwickelt werden, d.h. zur Berechnung von Abklingrelationen und Erschütterungskarten inklusive der damit verbundenen Unsicherheiten. Die simulierten und die beobachteten Daten werden verglichen, um die Einflüsse von Standortverstärkungen durch den flachen Untergrund, von statistisch im Untergrund verteilten kleinskaligen Heterogenitäten und von Herdmechanismen zu analysieren.
Die räumliche und die zeitliche Entwicklung der Seismizität in der Südpfalz beim gleichzeitigen Zirkulationsbetrieb der Geothermiekraftwerke Landau und Insheim wird in das vorhandene geologische 3D-Modell aufgenommen. So kann die Größe der jeweiligen mikroseismisch aktiven Volumen festgestellt werden. Durch das Zusammenführen geologischer und seismologischer Informationen soll zum einen der Zusammenhang zwischen den mikroseismisch erkennbaren Störungszonen und bekannten geologischen Strukturen untersucht werden und zum anderen, ob sich die fluidinduzierten Mikrobeben mit existierenden bruchmechanischen Modellen unter Annahme der abgeleiteten Spannungsverhältnisse sowie den rheologischen Parameter erklären lassen.

Balkenplan EP1 (PDF, 10 KB)
Projektvorstellung KickOff 12/2013
Projektvorstellung Workshop München 10/2014
Projektvorstellung Workshop Mainz 09/2015
Projektvorstellung gemeinsamer Workshop MAGS2 - SHynergie, Bochum 10/2016 (Vortrag)
Projektvorstellung gemeinsamer Workshop MAGS2 - SHynergie, Bochum 10/2016 (Poster)

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