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Einzelprojekt 3 - Echtzeitauswertung induzierter Erdbeben und Gefährdungsabschätzung bei hydraulischen Stimulationen geothermischer Reservoire

Um für die Nutzung der tiefen geothermischen Energie Wärmeaustauschflächen im Untergrund zu schaffen, werden bei der hydraulischen Stimulation Fluide in den Untergrund verpresst. Die Rissbildung kann durch empfindliche Seismometer an der Erdoberfläche als induzierte Seismizität beobachtet werden. Diese meist nicht spürbaren Erdbeben sind notwendig, um die gewünschten Wärmeaustauschflächen zu schaffen. Ihre Lokationen werden zur Charakterisierung der erzeugten geothermischen Reservoire ausgewertet. In jüngster Zeit traten jedoch einzelne seismische Ereignisse mit Ml <=3.4 auf (Häring et al., 2008), die an der Erdoberfläche deutlich spürbar waren und eine Diskussion über die seismische Gefährdung durch Geothermie-Projekte entfachten.

In Einzelprojekt 3 soll ein automatischer Auswertealgorithmus entwickelt werden, um Erdbebenlokationen und Erdbebenmagnituden zu berechnen. Der Erdbebenkatalog soll in Echtzeit erstellt und laufend aktualisiert werden. Die seismische Gefährdung während der Stimulation kann durch das Echtzeitsystem aus der aktuellen Beobachtung abgeschätzt werden.

Eine deterministische Vorhersage von Erdbeben ist nach bisherigem Wissensstand unmöglich. Es können jedoch statistische Aussagen über zu erwartende Erdbeben und ihre Auswirkungen getroffen werden. Die Gutenberg-Richter-Relation beschreibt die relative Häufigkeit von kleinen zu großen Erdbeben und gilt in erster Näherung auch für Mikroseismizität während hydraulischer Simulationen oder während des Betriebs geothermischer Kraftwerke. In dem Echtzeitsystem wird die bisherige Erdbebenstatistik ständig aktualisiert. Hierdurch lässt sich die Auftrittswahrscheinlichkeit spürbarer Erdbeben aus der gemessenen Häufigkeit von Mikrobeben abschätzen.

Der zeitliche Verlauf der Mikroseismizität während der Stimulation hängt von den hydraulischen Parametern ab. Nach Shapiro und Dinske (2009) nimmt bei konstanter Flussrate der verpressten Flüssigkeit die Anzahl der Mikrobeben mit einer festgelegten Magnitude linear mit der Zeit zu. Die zeitliche Entwicklung nach dem Shut-In (Beendigung der Verpressung und Schließen des Bohrlochs) folgt nach Langenbruch und Shapiro (2009a,b) der Omori-Relation (Utsu, 1961). Diese Relation wurde ursprünglich für natürliche Erdbeben gefunden und beschreibt die Erdbebenrate der Nachbeben nach einem Hauptbeben. Hieraus lässt sich die Auftrittswahrscheinlichkeit von Mikrobeben nach Beendigung der hydraulischen Stimulation abschätzen.

Zur Abschätzung, wann die hydraulischen Parameter einer Stimulation geändert werden müssen bzw. wann eine Stimulation ganz abgebrochen werden muss, schlagen Bommer et al. (2006) ein sogenanntes Ampelsystem vor. Hierbei bedeutet grün, dass wie bisher weiter verpresst werden darf. Gelb zeigt an, dass eine Reduktion der Flussrate notwendig ist, während rot für den Abbruch der Stimulation steht. Als Maß für die Stärke der Erdbeben führten diese Autoren eine Magnitude ein, die auf Messungen der maximalen Bodenschwinggeschwindigkeit (englisch: peak ground velocity - PGV) beruht. Die maximale Bodenschwinggeschwindigkeit ist laut diesen Autoren besonders geeignet, da hiermit die Wahrnehmbarkeit der Erdbeben durch den Menschen sowie mögliche Gebäudeschäden abgeschätzt werden können.

Die Ergebnisse des Projekts können in Richtlinien für ein effizientes seismisches Monitoring und die hydraulische Stimulation einfließen.

Balkenplan EP3 (PDF, 10 KB)
Einzelprojekt 3 - Stand der Arbeiten (03/2012) (PDF, 3 MB)
Einzelprojekt 3 - Stand der Arbeiten (10/2012) (PDF, 1 MB)
Einzelprojekt 3 - Stand der Arbeiten (04/2013) (PDF, 2 MB)
Einzelprojekt 3 - MAGS-Abschlussworkshop (09/2013) (PDF, 2 MB)
Abschlussbericht EP3 (BGR-B4.3) - Echtzeitauswertung induzierter Erdbeben und Gefährdungsabschätzung bei hydraulischen Stimulationen geothermischer Reservoire (PDF, 9 MB)


Referenzen

Bommer, J., Oates, S., Cepeda, J. M., Lindholm, C., Bird, J., Torres, R., Marroqin, G. & Rivas, J., 2006. Control of hazard due to seismicity induced by a hot fractured rock geothermal project. Engineering Geology, v. 83, pp. 287-306

Häring, M., Schanz, U., Lader, F. & Dyer, B. C., 2008. Characterisation of the Basel 1 enhanced geothermal system. Geothermics 37, pp. 469-495, 2008, doi: 10.1016/j.geothermics.2008.06.002 Link

Langenbruch, C. & Shapiro, S. A., 2009a. Omori law for fluid induced microseismicity and its dependency on parameters of reservoir and source. In 71st EAGE Conference Exhibition, Extended abstract, Amsterdam

Langenbruch, C. & Shapiro, S. A., 2009b. Induced seismicity after termination of rock stimulations: Possibilities for reservoir characterization. In 79th SEG Conference Expanded Abstracts, pages Paper–RC5.1, Houston

Shapiro, S. A. & Dinske, C., 2009. Scaling of seismicity induced by nonlinear fluid-rock interaction. Journal of Geophysical Research, 114, B09, 307, doi:10.1029/2008JB006,145. Link

Utsu, T., 1961. A statistical study of the occurrence of aftershocks, Geophysical Magazine, vol. 30, pages 521-605.

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